unterm strich :
Das klingt ein wenig rührend: Der deutsche Schriftsteller Peter Härtling, 64, wird zum Stipendiaten in Prag und schreibt auf einer alten Schreibmaschine Tagebuch. Nein, das ist kein Experiment à la Feuerzangenbowle, sondern Kulturpolitik. Das Stipendium, das Härtling für zwei Wochen im Prager Literaturhaus erhält, hat zum Ziel, „die deutschsprachige Tradition und den multikulturellen Austausch wiederzubeleben“, wie Lucie Černohousová, Leiterin des Literaturhauses, sagt. Das Tagebuch soll bereits während Härtlings Aufenthalts im Internet publiziert werden, vermutlich mit Hilfe einer Stipendiatensekretärin.
Härtling will „ein bisschen von den Erinnerungen an das Land wiedergeben“. In seinem autobiografischen Buch „Leben lernen“ beschäftigte sich Härtling bereits mit seinen Kinderjahren (1941–45) im mährischen Olomouc (Ölmütz), wo der Vater hoffte, sich dem direkten Zugriff der Nazis entziehen zu können. Bis zum Zweiten Weltkrieg galt Prag als Schmelztiegel deutscher Literaten, Namen wie Rainer Maria Rilke, Franz Kafka und Egon Erwin Kisch sind unvergessen. „Die selbstverständliche Verständigung zwischen Tschechen, Deutschen, Juden, zwischen verschiedenen Völkern hat mich immer beeindruckt“, sagte Härtling.