: Nur als Vertreibungsobjekt Thema
Eine Abgeordnete fragte: Wie schützt der Senat Obdachlose? Am nächsten Tag wurde einer von ihnen fast erstochen
Realitätssinn bewies die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Margitta Schmidtke. Einen Tag vor der lebensgefährlichen Messerattacke auf einen Obdachlosen in der St.-Jürgen-Straße stellte Schmidtke eine parlamentarische Anfrage zur Situation Obdachloser: „Welche Absprachen gibt es hinsichtlich des Schutzes Obdachloser, die (…) etwa in Hauseingängen oder Einkaufspassagen übernachten?“, lautet der dritte Absatz der Anfrage.
In der darauf folgenden Nacht wurde ein 50-jähriger Obdachloser, der in einem Hauseingang nahe des Klinikums Mitte schlief, zweimal hintereinander angegriffen. Beim zweiten Mal stachen die Täter mit einem Messer auf ihn ein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes. Für sachdienliche Hinweise hat sie eine Belohnung von 2.000 Euro ausgesetzt, großflächig wurden entsprechende Flugblätter verteilt.
„Ich war erschrocken, wie realistisch die Sorgen waren, die wir uns gemacht haben,“ sagt Schmidtke. Dass selbst in der kalten Jahreszeit viele die Notunterkünfte mieden, habe vielfältige Gründe: Einige Wohnungslose könnten die Unterkunftskosten nicht zahlen, andere fürchteten, dort „eingebunden“ zu werden. Aus Gesprächen mit Betroffenen und Unterkunfts-MitarbeiterInnen wisse sie, dass trotz großen Engagements „noch einiges beim Hilfsangebot verbessert werden kann“.
Schmidtke kritisiert, dass Obdachlose meist nur dann auf der politischen Tagesordnung stünden, wenn sie aus der Innenstadt vertrieben werden sollen. Doch Bremen bestehe „auch aus den Bedürftigen, es darf nicht heißen, die ‚stören unsere gute Stube‘.“ Schmidtke selbst würde sich „zwar wünschen, dass nicht alle unter den Rathaus-Arkaden sitzen“. Eine Vertreibung von dort sei trotzdem nicht richtig.
Konkrete Maßnahmen zur Unterstützung Wohnungsloser will Schmidtke vorschlagen, sobald sie von der Landesregierung genaue Angaben bekommen habe – morgen wird der Senat offiziell auf Schmidtkes Anfrage antworten. Der verletzte Obdachlose konnte mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen werden. Christian Jakob