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Archiv-Artikel

Auf Sendung in eigener Sache

Das Verhältnis von Radio Bremen zur bremischen Politik ist gespannt. Zum einen fordert die Anstalt mehr Engagement für ihre Finanzen, zum anderen stößt das neue Radio Bremen-Gesetz auf Kritik

Zehn Prozent weniger Etat ab 2009 – das ist für den Sender nicht zu verkraften

Von Klaus Wolschner

In dieser Woche gibt es gleich zwei Ereignisse, die Radio besonders betreffen: In Berlin wird heute der Vorschlag der für die nächste Rundfunkgebühren-Erhöhung zuständigen Kommission „KEF“ vorgestellt, am Mittwoch soll im Bremer Landesparlament ein neues Radio Bremen-Gesetz beschlossen werden.

„KEF“ heißt Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, und während Radio Bremen ausgerechnet hat, dass es für die Jahre 2009 bis 2012 eine Gebührenerhöhung um 1,08 Euro benötigt, wird die „KEF“ lediglich einen 95 Cent-Aufschlag zusammen für ARD, ZDF und die anderen öffentlich-rechtlichen Sender wie zum Beispiel das Deutschlandradio vorschlagen. Für die einzelnen Länderanstalten, also auch Radio Bremen, fallen davon nur 56 Cent ab.

Intendant Heinz Glässgen hat die Folgen bereits beziffert: Zehn Prozent des Etats ab 2009 fehlen – das mache 35 Planstellen und sei für den Sender nicht zu verkraften. Glässgen forderte in der letzten Rundfunkratssitzung insbesondere von Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), dem neuem Gebührenmodell „nur unter der Bedingung“ zuzustimmen, dass der ARD-interne Finanzausgleich die Finanzlücke schließe. In der auf Einstimmigkeit verpflichteten Ministerpräsidentenkonferenz käme das jedoch einer Blockade gleich. Zu Zeiten Henning Scherfs war der Finanzausgleich mit Zustimmung des Bremer Rathauses fast halbiert worden.

Die Stimmung unter den Ministerpräsidenten ist aufgrund der stockenden Verhandlungen der Föderalismus-Kommission derzeit ohnehin schlecht. Symbolisch wird der Finanzausgleich für das kleine Radio Bremen in Zusammenhang mit dem Finanzausgleich für das kleine Bundesland Bremen gebracht. „Der Bürgermeister wird so verhandeln, dass die damalige Veränderung korrigiert wird“, sagt dazu der SPD-Fraktionsvorsitzende Carsten Sieling, Vertreter der SPD im Rundfunkrat. Es sei jedoch „unklug“, vor dem Beginn von Verhandlungen ein Ultimatum zu formulieren.

Richtig verärgert ist der Intendant von Radio Bremen, dessen Vertrag 2009 ausläuft, über die Veränderungen, die die Medienpolitiker der rot-grünen Koalition am Radio Bremen-Gesetz vornehmen wollen. Einzelne Punkte berühren direkt die Macht des Intendanten: Radio Bremen produziert immer mehr mit freien Mitarbeitern – der Intendant wollte die vom aktiven und passiven Wahlrecht für die Personalvertretung ausschließen. Dem schiebt das neue Gesetz einen Riegel vor.

Punkt zwei: In der Ära Glässgen blieb der Platz des traditionell „dritten“ Mannes an der Senderspitze, der des technischen Direktors, schlicht unbesetzt. Das neue Gesetz schreibt jedoch die dreiköpfige Hausspitze verbindlich vor, der Intendant wird dadurch im Prinzip überstimmbar.

Schließlich soll der Rundfunkrat, bisher ein eher zahnloses Gremium, gestärkt werden: mit einem „Präsidium“, das den „Rat“ zwischen den Sitzungen vertritt. Der Rundfunkrat insgesamt soll kleiner und professioneller sein, seine Mitarbeiter geschult werden. Die EU, so ist die Begründung der Koalitionspolitiker Anja Stahmann (Grüne) und Frank Schildt (SPD), schreibt vor, dass der Einfluss der Öffentlichkeit deutlicher wird – anders lasse sich die Gebührenerhebung seitens der öffentlich-rechtlichen Sender nicht rechtfertigen. Nach dem BBC-Vorbild sollen zum Beispiel neue Rundfunkprogramme nur eingeführt werden, wenn die Vertreter der Öffentlichkeit das beschließen. Und nachdem der französische Präsident Sarkozy angekündigt hat, der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Frankreich sollte werbefrei sein, damit er nicht den Marktgesetzen der Privaten unterliegt, fordern das auch deutsche CDU-Politiker.

In einer Sondersendung von „buten&binnen“ hat Radio Bremen am Donnerstag „in eigener Sache“ berichtet. „Das ist Ihr Sender, ob Sie das wollen oder nicht“, leitete der Moderator den Bericht ein. Die Politiker wollten „mehr Kontrolle“, so der Vorwurf, die Entscheidungsprozesse würden bürokratischer, und die Weiterbildung der Runkfunkratsmitglieder würde Geld kosten, das Radio Bremen schlicht nicht habe. Und nach dem Bericht war der Intendant selbst im Studio, um die in der Sendung vorgetragene Kritik noch einmal als „Studiogast“ zu unterstreichen.