: Landesbanken in Katerstimmung
US-Hypothekenkrise reißt Milliardenlöcher in die Bilanzen der Landesbanken von Baden-Württemberg und NRW. Krisensitzung bei der West LB: Milliarden-Kapitalspritze nötig
BERLIN taz ■ Die Krise um minderwertige Immobilienkredite in den USA verhagelt die Bilanzen deutscher Landesbanken. Die größte von ihnen, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), muss nach Informationen des Spiegels nun 1,7 Milliarden Euro seiner Kreditpapiere als Verlust verbuchen. Im November hatte die LBBW die erwarteten Einbußen noch auf 800 Millionen Euro beziffert. Das Minus will die LBBW durch einen Griff in ihre Rücklagen ausgleichen. Insgesamt werde die Bilanz für das vergangene Jahr einen Überschuss von 300 Millionen Euro ausweisen, teilte die LBBW am Wochenende mit. Genaue Zahlen würden im März vorliegen.
Die Baden-Württemberger hatten erst im Dezember die Sächsische Landesbank nach missglückten Geschäften auf dem US-Hypothekenmarkt vor der Pleite bewahrt. Nach den jüngsten hausgemachten Verlusten ist die Übernahme der Sachsen LB durch die LBBW jedoch nicht mehr gesichert: Die LBBW habe sich ihr Rücktrittsrecht vom Kauf der Sachsen LB bis zum 15. Februar verlängern lassen, meldet die Financial Times Deutschland.
Alarmstimmung herrscht auch bei der Nummer 2 der deutschen Landesbanken: Auf einer Krisensitzung am Sonntagabend wollten die Eigentümer der nordrhein-westfälischen West LB über eine Kapitalspritze von bis zu 2 Milliarden Euro beraten. Gut 1 Milliarde Euro davon geht auf Verluste mit US-Immobilienkrediten zurück. Den Rest verursachten andere schlechte Geschäfte. So verlor die Bank 2007 gut 600 Millionen Euro durch missglückte Spekulationen mit VW-Aktien. Auch ein Pleitekredit über 1,35 Milliarden Euro, den die Bank 1999 an die britische Verleihfirma für TV-Geräte Boxclever vergeben hatte, belastet die Bilanz mit über 400 Millionen Euro. Seit der vergangenen Woche muss sich der ehemalige Bankchef Jürgen Sengera wegen des Vorwurfs der Untreue in besonders schwerem Fall vor dem Landgericht Düsseldorf verantworten.
Zwischen den Eigentümern der West LB wird ein Tauziehen erwartet, wie die Verluste aufgeteilt werden. Die Aktienmehrheit bei der West LB halten die Sparkassenverbände Rheinland und Westfalen. Größter Einzelaktionär ist mit 38 Prozent das Land Nordrhein-Westfalen. Beteiligt sind auch kommunale Landschaftsverbände.
An einer Kapitalerhöhung von 2 Milliarden Euro müsste sich das Land NRW mit etwa 700 Millionen Euro beteiligen, die im Landeshaushalt bisher nicht eingeplant sind. Die Sparkassen haben bei einer vorangegangen Kapitalerhöhung bereits die Hauptlast getragen. Sie haben schon vor dem Verwaltungsgericht Münster Klage gegen weitere Zwangszuschüsse zugunsten der West LB eingereicht.
Ein Ende der US-Immobilienkrise ist noch immer nicht absehbar. Erst in der vergangenen Woche hatten die US-Banken Citigroup und Merrill Lynch weitere Forderungen über 18 Milliarden US-Dollar abschreiben müssen. Bislang haben Banken etwa 100 Milliarden US-Dollar wegen der Hypothekenkrise abschreiben müssen. TARIK AHMIA