: Wir könnten auch anders
Die GAL fordert, kriminelle Jugendliche in ein straffreies Leben zu begleiten, statt nach härteren Strafen zu rufen. Wie das aussehen kann, zeigen die Projekte Outreach und Jobtransfer
VON ELKE SPANNER
Es gibt Alternativen, sagt die GAL-Fraktion. Wirksame Alternative dazu, straffällige Jugendliche wegzusperren, wäre, sich um sie zu kümmern. Das klingt banal und ist doch keine Selbstverständlichkeit: Der CDU-Senat hat zur Finanzierung des geschlossenen Erziehungsheimes in der Feuerbergstraße viele Projekte gestrichen, die zuvor mit auffälligen Jugendlichen gearbeitet haben: Die „ambulante intensive Begleitung“ straffälliger Jungs beispielsweise, ebenso Streetworkerstellen in sozialen Brennpunkten und Ausbildungsplätze in Werkstätten für benachteiligte Jugendliche. Doch man dürfe die Jugendlichen „nicht einfach nur bestrafen und dann alleine lassen“, sagt Fraktionschefin Christa Goetsch. Um aufzuzeigen, wie Gewaltprävention aussehen kann, hat die GAL gestern zwei Projekte vorgestellt.
Die Streetworker von „Outreach“ in Berlin sprechen gezielt Jugendliche an, die mit ihren Cliquen „rumhängen“ und Auseinandersetzungen provozieren. Der Arbeit liegt laut Leiter Willi Essmann die Überzeugung zugrunde, dass sich auch schwierige Jugendliche der Kooperation nicht entziehen, wenn man ihnen attraktive Angebote macht. In Berlin-Neukölln beispielsweise gab es eine Clique, die jeden Nachmittag vor einem Friseursalon saß. Dem drohte der Konkurs, Kunden trauten sich nicht mehr in den Laden. Die Streetworker haben den Jungs ein Angebot gemacht: Wenn sie die Spielregeln einhielten, sollten sie einen eigenen Raum bekommen. Es wurde ein leer stehender Laden angemietet, den die Jugendlichen zum Stadtteilladen ausgebaut haben. „Sie wollen nicht rumhängen und stören“, sagt Essmann. „Der Schlüssel ist, ihnen beispielsweise durch Sport Erlebnisse zu vermitteln und Verantwortung zu geben.“
Die Agentur „Jobtransfer“ in Hamburg setzt einen Schritt später an, bei Jugendlichen, die bereits straffällig geworden sind. Die Mitarbeiter versuchen in erster Linie, sie in Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln. Rund 400 Jugendliche betreuen die vier Mitarbeiter, vermittelt werden konnte im vergangenen Jahr etwa ein Drittel. Ein Junge konnte als Azubi in einem Hotel anfangen, andere arbeiten als Gebäudereiniger oder Fahrer. Jobtransfer bietet Einzelbetreuung, keine Gruppenangebote, denn „wir wollen nicht die Knaststrukturen im Alltag abbilden“, sagt Leiter Franz Scheurer. Haben die Jugendlichen einen Job, werden sie noch eine Zeit lang weiter gecoacht.
Die GAL-Jugendpolitikerin Christiane Blömeke betont, dass solche Maßnahmen hinsichtlich der Rückfallquote weit effektiver seien als etwa das geschlossene Heim in der Feuerbergstraße. Die dort untergebrachten Jugendlichen hätten eine Rückfallquote von 80 Prozent, während bei den bis 2001 durch die „ambulante intensive Betreuung“ unterstützen Jungs nur die Hälfte wieder straffällig wurde. „Wir brauchen wieder möglichst vielfältige Möglichkeiten, die Jugendlichen zu begleiten“, fordert auch GAL-Innenpolitikerin Antje Möller. Härtere Strafen jedenfalls seien keine Lösung. Sie zitiert aus dem Sicherheitsbericht der Bundesregierung von 2006, in dem es heißt: „Wenn es eine Tendenz gibt, dann die, dass nach härteren Sanktionen die Rückfallrate höher ist.“