: Ein Schmuckstück für Politiker
Hamburg will eine Museumsreform – und betreibt sie wie so oft halbherzig: Mit Lisa Kosok soll ausgerechnet die Direktorin eines der betroffenen Häuser die vier stadthistorischen Museen gegen das künftige Maritime Museum Peter Tamms in Stellung bringen
Jetzt ist also raus, wer „Superdirektor“ der vier stadt- und kulturhistorischen Museen Hamburgs werden soll. Lisa Kosok, Direktorin des Museums der Arbeit, soll der neu gegründeten Stiftung „Historische Museen Hamburg“ – zunächst interimsmäßig – vorstehen und schaffen, was bisher keinem gelang: das Museum für Hamburgische Geschichte, das Altonaer Museum, das Museum der Arbeit und das Helms Museum konzeptionell zusammenzuführen. Ziel ist, mehr Besucher zu generieren und die Akzeptanz der Häuser zu erhöhen.
Über das Prozedere hat Hamburg bereits intensiv gestritten: einen Direktor von außen hatte Kultursenatorin Karin von Welck den Museumsleitern zunächst überstellen wollen – ein Szenario, das die Leiterin des Altonaer Museums fliehen ließ. Großes Gezeter brach auch los angesichts der Frage, welch unpatriotische Maßnahmen ein Fremder wohl beschließen möge. Da gab die Senatorin auf und bot eine Hamburger Lösung: die Besetzung neuer Posten aus dem personellen Inventar. Aus den Reihen der Direktoren der vier Museen wird jetzt der Vorstandsvorsitzende benannt; minimaler Spielraum inklusive.
Dabei ist die Aufgabe groß: Dringend müssen die vier Museen ein Gegengewicht zum geplanten Maritimen Museum Peter Tamms bilden. Das ist nicht leicht: Tamm kann mit Masse und exklusiver Lage im denkmalgeschützten Haus punkten; da werden historisch-trockene Geschichtsmuseen nicht mithalten können. Tamm wird ihnen massiv Besucher abwerben.
Das ist es auch, was wohl die Kultursenatorin argwöhnte, wenn sie durch die stadthistorischen Museen streifte und sich fragte, ob sich Sortierung und Präsentation nicht ändern ließen. Das genau soll Lisa Kosok jetzt initiieren. Zudem soll sie die Häuser profilieren und zur Kooperation ermuntern. Eine Quadratur des Kreises, zu der sich Kosok entsprechend nebulös äußert. „Wir schaffen derzeit die Basis für eine museumsübergreifende Zusammenarbeit“, sagt sie. Ans Umverteilen – etwa zugunsten einer Konzentration der Schiffsmodelle – denkt sie aber nicht. Wichtig sei zunächst, „die digitale Inventarisierung massiv voranzutreiben, die Querverbindungen erlaubt und auch dem Publikum zugänglich ist“. Außerdem werde über eine gemeinsame Ausstellung nachgedacht – in einem mehrjährlichen Rhythmus, für die „Geld bereits in Aussicht gestellt ist“. Zudem seien die Dauerausstellungen überarbeitungsbedürftig: Anstelle abstrakter wird es künftig mehr besucheraktive Präsentationen geben. „Es hat sich gezeigt, dass diese Abteilungen in unserem Haus am besten funktionieren. Also werden wir das ausbauen.“
Direkt auf die anderen Häuser übertragbar sei dies aber nicht. „Das müssen wir gemeinsam erarbeiten.“ Das Museum für Hamburgische Geschichte und das Helms Museum haben bereits je 1,5 Millionen Euro für die Neugestaltung der Dauerausstellung bekommen. Das ist zweifellos nötig. Auch die gemeinsame Ausstellung ist eine nette Event-Idee. Ob all das aber reicht, um die Akzeptanz der Museen zu erhöhen, weiß sie nicht. Woran will man die überhaupt messen? „An Besucherzahlen, Qualität – und daran, ob sich die Politiker mit uns schmücken“, sagt Kosok.
Bleibt also zu befürchten, dass die Reform vor allem eine neue Präsentation bedeutet. Und was passiert, wenn sich die Hamburger Politiker doch lieber mit dem Tamm-Museum schmücken – daran denkt vorsichtshalber niemand.
PETRA SCHELLEN