Kunstrundgang
: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Mit Phänomenen ist es so eine Sache – sie kommen und verschwinden wie Irrlichter. Ein Phänomen, das ist eine Erscheinung. Und im Schein der Brunnenstraße inszenierten Alexander Bühler und Lisa Bosse eine Schnitzeljagd, die die TeilnehmerInnen vor zehn Tagen durch mehr als 20 Ausstellungsräume entlang dem „Phänomen Brunnenstraße“ führt. Bühlers Collagen aus Alltagsschnipseln mit Streichhölzern bildeten den roten Faden, einen kleinen wegweisenden Leitfaden. Eine Win-Win-Win-Situation: Bühler präsent, die GaleristInnen froh über den verstärkten Besucherandrang, und man selbst konnte ein Update über das Kommen und Gehen auf der Kunstmeile erstellen. Auch wenn die Galerie schon gar nicht mehr als solche erkennbar sind. Wie etwa Goff + Rosenthal, deren Schaufenster Ted Riederer mit Schallplatten verhängt hat und deren Galerie nun wie ein Plattenladen ausschaut. Im Inneren begrüßt einen aber kein mürrisch cooler Verkäufer, sondern eine Ritterrüstung und ihr gegenüber ein Berg aus Totenköpfen, geformt aus Vinyl – der Schutzschild aus Punkrockscheiben, jeder einzelne Totenkopf aus einer Popscheibe. Mit einem Song auf den Lippen (etwa einem der Cramps, die den Lendenschurz geben) erspäht man eine Gitarre, die Riederer säuberlich zersägt und wieder geleimt hat, sowie hübsche minimale Zeichnungen. Im hinteren Projektraum findet sich ein Video, in dem Riederer mit seiner Band The Resurrectionists zeitverzögert ihre Instrumente zertrümmern. Die sich rockig, metallisch schleppende Musik wurde mit den reparierten Instrumenten eingespielt, die ebenfalls im Raum stehen. Dieses Spiel mit den energetischen Kräften von Punkrock und dem süßlichen Sog des Pop führt schließlich zu dem berauschenden Moment, in dem die kulturelle wie individuelle Identifikation mit Musik ablesbar wird.

Alexander Bühler: Schnitzeljagd; Galerien entlang der Brunnenstr., Infos: artnews.info/lisabosse Ted Riederer: Hellas; bis 16. Februar, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Goff+Rosenthal, Brunnenstr. 3