: Gedrängel in Niedersachsen
Merkel, Beck, Westerwelle, Bütikofer, Gysi, Schröder: Alle Parteien bieten in den letzten Tagen vor dem Urnengang Bundesprominenz auf. Nach der Auswertung erster Briefwahlunterlagen droht offenbar eine geringe Wahlbeteiligung
Er lässt Wolfgang Jüttner doch nicht im Stich: Trotz alter Streitigkeiten mit der Niedersachsen-SPD will Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder bei der „Endspurt-Veranstaltung“ der Sozialdemokraten am morgigen Freitag auf dem alten Flughafengelände in Hannover als „Ehrengast“ auftreten, auch Parteichef Kurt Beck hat sich angesagt. Zuvor hatte sich Schröder bei Veranstaltungen mit SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner rar gemacht, die Genossen in Hamburg, wo am 24. Februar gewählt wird, jedoch großzügig unterstützt (taz berichtete).
Es ist nicht das einzige Großaufgebot, das die Parteien wenige Tage vor der Landtagswahl in Niedersachsen ins Feld schicken. Mit großen Abschlussveranstaltungen und Bundesprominenz versuchen derzeit auch CDU, FDP, Grüne und Linke, noch Wähler zu mobilisieren.
Am heutigen Donnerstagabend geht CDU-Ministerpräsident Christian Wulff mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in den „72-Stunden-Endspurt“ in der Eilenriedehalle in Hannover. Die CDU kündigt ein „musikalisches Vorprogramm mit Künstlern der Spitzenklasse“ an. Bereits am Nachmittag starten die grünen Spitzenkandidaten Ursula Helmhold und Stefan Wenzel in der City von Hannover zum „Wahlkampf-Höhepunkt“. Im Aufgebot: Parteichef Reinhard Bütikofer, Ex-Minister Jürgen Trittin und EU-Parlamentarier Daniel Cohn-Bendit.
Bereits am Mittwochabend war FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle mit seinem Spitzenkandidaten Philipp Rösler bei einer Veranstaltung im Capitol in Hannover aufgetreten. Die Linken Gladiatoren Oskar Lafontaine und Gregor Gysi ließen sich zur gleichen Zeit wenige hundert Meter entfernt im Veranstaltungszentrum Faust feiern. Nach Redaktionsschluss lieferten sich die Spitzenkandidaten von SPD und CDU ein mit Spannung erwartetes TV-Duell im NDR.
Offenbar wird die Wahlbeteiligung am Sonntag besonders niedrig ausfallen. Nach einer Auswertung der ausgegangenen Briefwahlunterlagen erwartet Uwe Schmidt, Wahlleiter der Stadt Osnabrück eine „historisch niedrige“ Wahlbeteiligung. Die Beteiligung an der Briefwahl liege derzeit auf dem Niveau der Europawahl 2004, an der sich in Osnabrück nur 42,7 Prozent der Bürger beteiligt hatten. Bei der Landtagswahl 2003 hatten in Wulffs Heimatstadt noch 65,5 Prozent ihr Kreuzchen gemacht, landesweit waren es 67 Prozent gewesen. In Hannover waren bis gestern Abend 26.000 Briefwahlunterlagen ausgegeben worden. Am Mittwoch vor der Wahl 2003 waren es 35.000 Unterlagen.
Am Sonntag dürfen 6,1 Millionen Wahlberechtigte in Niedersachsen ihren Landtag wählen. 14 Parteien stehen zur Wahl, 746 Kandidaten bewerben sich um die regulär 135 Mandate. Die CDU vertraten bislang 91 Abgeordnete, die SPD 63, die FDP 15, die Grünen 14. KAI SCHÖNEBERG