Unattraktives Auswahlverfahren

betr.: „Eine unselige Geheimniskrämerei“, Interview mit Jutta Limbach, taz vom 15. 1. 08

Die deutsche Öffentlichkeit verdankt Jutta Limbach mehr als jeder anderen Frau, die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit Frauen zum Politikum gemacht zu haben. So ist ihre Ungehaltenheit über das jetzt vorliegende Auswahlergebnis für den frei werdenden Platz im Zweiten Senat des BVerfG verständlich. Ob aber Herr Struck für die Kandidatur Leutheusser-Schnarrenberger „sehr offen“ war, ist zweifelhaft. Denn zu einem Gespräch mit Herrn Struck wurde sie nicht eingeladen. Das lag nun nicht an der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Denn Herr Struck kennt die genannte Juristin seit Jahrzehnten. Die Parteimitgliedschaft spielt jedenfalls für die SPD offenbar schon lange keine Rolle mehr. Sie hat das Vorschlagsrecht für vier Mitglieder im zweiten Senat. Gegenwärtig sind es zwei Männer und zwei Frauen – keine Parteimitglieder.

Und was Frau Zypries betrifft, so lässt sich ihre Rolle nicht zuverlässig durch Vermutungen beschreiben. Denn sie favorisierte eine qualifizierte Juristin. Aber ebendiese Kandidatur wurde durch einflussreiche Frauen (!) unterminiert. Warum sollten die Herren Struck und Böhrnsen und Frau Zypries dann nicht offen sein, ohne Rücksicht auf das Geschlecht die sie überzeugendste Wahl zu treffen?

Das Auswahlverfahren, das Frau Limbach im Interview ansprach, erscheint nicht attraktiv. Aber ist die Öffentlichkeit durch Diskussionen im Bundestag, und also auch in den Medien, die gescheitere Lösung? Das Beispiel USA erschreckt. Hat Prof. X nicht schon zwei gescheiterte Ehen hinter sich und ist im Übrigen als Rechthaber bekannt? Und kann die Richterin Y nicht schon jetzt ihr Arbeitspensum kaum bewältigen? Und hat sie nicht ihre türkische Hausgehilfin ohne Sozialabgaben beschäftigt? etc. Nein, danke. Staatspersonen auszusuchen, die zugleich mächtig sind und nicht in der Öffentlichkeit arbeiten, eben die Richter des BVerfG, ist Sache vorbehaltloser Erörterung in einem vertraulichen Kreis. Fehlbesetzung schließt dies nicht aus. Aber im Ganzen ist die Bundesrepublik damit gut gefahren. ERNST GOTTFRIED MAHRENHOLZ, Karlsruhe