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Archiv-Artikel

Leere auf der neuen Autobahn

Chaos in der Neustadt: Was sollen Autofahrer tun, wenn in einer Woche die Erdbeerbrücke gesperrt wird? Die Navigationsgeräte weisen immer noch die alten Wege. Am Dienstag ist Krisensitzung

von Klaus Wolschner

„Wir raten, die Navigationsgeräte in der Nähe des neuen Autobahnabschnitts der A 281 nicht zu nutzen. Sie werden sonst fehlgeleitet.“ So steht es auf der Internetseite der offiziellen Bremer „Verkehrsmanagement-Zentrale“ (www.vmz.bremen.de) Offenbar hat das aber kein Schwein gelesen: Obwohl am 30. Januar das 300 Millionen Euro teure und sechs Kilometer lange Teilstück der A 281 für den Verkehr freigegeben wurde, fahren insbesondere die stadteinwärts Kommenden wie immer. Nur wenige biegen in die A 281 ein, auf der an der Abbiegestelle nun einspurigen Neuenlander Straße gibt es Stau und Chaos.

Schräg gegenüber wohnen seit 20 Jahren die Schauspieler Harald und Marianne Halgardt, beide inzwischen 80 Jahre alt. Sie sind einiges gewohnt, derzeit aber völlig verzweifelt: „Wer hat sich denn das ausgedacht? Das ist der helle Wahnsinn“, sagt Marianne Halgardt. Die Staus vor ihrer Haustür beginnen seit der Freigabe des Autobahnstücks morgens um 5 Uhr – mit einem Hupkonzert. „Begrüßen die sich?“, fragt sie verständnislos. Und ahnt nicht, dass offenbar viele mit Navigationsgerät fahren und plötzlich orientierungslos an einer neu eingerichteten Kreuzung stehen, die es auf ihrem Zweithirn-Bildschirm nicht gibt. „Wenn nächste Woche die Erdbeerbrücke gesperrt wird, dann wird es noch schlimmer“, fürchtet die alte Dame. 60.000 Fahrzeuge fahren jeden Tag über die Erdbeerbrücke, eigentlich war die Sperrung schon für dieses Februar-Wochenende geplant. Für eine Woche ist die Sperrung aufgeschoben worden – dann müssen die 60.000 irgendwie anders durch die Neustadt ihren Weg suchen – oder sich auf den Umweg über die A 1 begeben, auf der auch derzeit schon täglich Stau angesagt ist.

Jürgen Müller vom Referat Verkehrsbaumaßnahmen des Bauressorts kennt die Lage vor Ort. Morgen soll auf einer Krisensitzung die Lage besprochen werden. Man müsse den Autofahrern „einige Tage Zeit geben“, sich an die neue Verkehrsführung zu gewöhnen, sagt er. Aber die Zeit sei knapp: „Wir haben noch eine Woche.“ Bis dahin soll die Neuenlander Straße so weit „entlastet“ sein, dass sie die Berufspendler aufnehmen kann, die bisher über die Erdbeerbrücke in die Stadt wollten. Anwohner der Neuenlander wie die Halgardts wurden von den Verkehrsplaner bewusst „in Geiselhaft“ genommen, sagen dagegen die „Bürgerinitiativen für eine menschengerechte A 281“: Anfangs war geplant, auf der Höhe von Opel Bergmann, wo die A 281 endet, auch eine zweispurige Auffahrt zu bauen, damit gäbe es nur halb so viele Probleme. Die neue Planung sieht die Auffahrt über die Georg-Wulff-Straße vor. Das Provisorium müssten die Anwohner aber mindestens vier Jahre ertragen. „Mit diesem absichtlichen Dilettantismus sollte bei den Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium Druck für eine schnelle Finanzierung des Bauabschnitts 2 / 2 gemacht werden“, weiß die BI „aus zuverlässiger Quelle“.

Was also tun am 9. Februar? Die Ampelphasen auf der Neuenlander Straße sollen wieder länger werden: Der Versuch, mit bewusst produzierten Staus die Autos auf den Umweg über die A 281 zu zwingen, wird dann abgebrochen. Als allerletzter Ausweg bliebe noch, den Buntentortsteinweg als Umleitung für die Erdbeerbrücke zu nutzen. Dessen Anwohnern war eigentlich eine verkehrsberuhigte Straße versprochen worden.