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Archiv-Artikel

berlinale szene Bär in Bondage

Nackt wie die Stars

Buñuel ist tot, Mick Jagger altersmilde. Wer soll da noch stören, wenn sich die Prominenz auf dem roten Teppich feiern lässt? Wir dann wohl, sagen sich Leona, Natty und der Bondage-Bär. Im Rücken der Fotografen ziehen die beiden Frauen sich die Unterhosen aus und jubeln Autogrammjägern Flyer unter. Am Leibe tragen sie kaum mehr als ihre Dreadlocks. Die Halbnackten und das geknebelte Tier (eher ein später Karnevalist und nicht Knut, wie die beiden behaupten) bewerben die Öko-Pornos von FuckForForest.com, einem Online-Dienst für Umweltschutz und Befriedigung.

Geschrei? Skandal? Nichts dergleichen. Kaum einer nimmt Notiz davon, wie die Sex-Aktivisten ihren Platzverweis erhalten. Nur ein einsamer Sympathisant streitet mit der Polizei für das Recht auf Nudismus. Seine Argumente: Erstens ist er selber schon vieler Plätze verwiesen worden, aber noch nie wegen Nacktärschigkeit. Zweitens ziehen Filmstars sich auch ständig aus. Und drittens: Ein öffentliches Ärgernis ist keins, wenn sich niemand darüber ärgert.

Das stimmt. Die Galaprominenz bekommt sowieso nichts mit von der Stripeinlage; die Fotografen sind so ineinander verkeilt, dass sie die Non-Profit-Pornografen gar nicht sehen; und die Zaungäste aus den letzten Reihen freuen sich, dass hinten auch mal was passiert. Viele sind Touristen. Wer ihr Lächeln sieht, weiß, was sie zu Hause erzählen werden: „Europa ist noch besser, als wir dachten!“ DANIEL BENEDICT