kabinenpredigt : Fußball als Bühne für Rassismus
Lange nichts mehr von den Berliner Fußballplätzen gehört. Außer von der Hertha und ihren zumeist kümmerlichen Auftritten. Wie aber sieht der graue Alltag in den Niederungen aus? Also dort, „wo das Herz noch zählt und nicht das große Geld“. Gelinde gesagt: oft schrecklich und zum Fürchten. Dabei reden wir hier gar nicht von der eingeschränkten Spielkultur der unterklassigen Fußballvereine. Nein, das Problem der Klubs ab der Verbandsliga abwärts ist viel ernsthafter. Da nämlich ist der Fußball längst kein Spiel mehr. Er ist nicht selten verkommen zu einer Bühne für Rassismus und Antisemitismus. Und das haben jedes Wochenende immer dieselben Vereine zu ertragen. Es trifft muslimisch geprägte Klubs wie den türkischen Vorzeigeverein Türkiyemspor genauso wie den jüdisch geprägten Verein Makkabi Berlin. Zwar gewann Türkiyemspor kürzlich den Integrationspreis des Deutschen Fußball-Bundes und einen schicken Van zur Belohnung dazu. Doch das rassistische Geschrei, das dem Kreuzberger Kiezklub entgegenschlägt, hörte damit natürlich nicht auf.
Spieler von Makkabi Berlin bekommen regelmäßig das Wort „Judensau“ zu hören, wenn sie auswärts antreten. Das gilt für die erste Mannschaft genauso wie für die A-Jugend des Vereins, überall in Berlin. Die Trennung von Ostberlin – rassistische und antisemitische Fans – und Westberlin – gemäßigte Fans – ist längst aufgehoben. „Wir bekommen überall die gleichen Sachen zu hören, egal wo wir spielen“, sagt Tuvia Schlesinger, Präsident von Makkabi.
Was also ist los auf den Berliner Sportplätzen? Oder: Warum rücken die ethnisch oder religiös geprägten Fußballvereine immer nur dann ins Licht der Öffentlichkeit, wenn es wieder ganz schlimm wird? So wie im vergangenen Jahr, als Makkabi kollektiv den Platz in Altglienicke verließ. Vorausgegangen waren übelste antisemitische Pöbeleien. Makkabi sollte für sein couragiertes Verhalten auch noch mit Punktabzug bestraft werden, urteilte zunächst ein völlig überfordertes Fußballschiedsgericht. Die Zustände in dieser Saison sind nicht anders. Es fällt nur niemandem mehr richtig auf. TORSTEN HASELBAUER