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Archiv-Artikel

Exklusive Prozenthürde

In Schleswig-Holstein gilt die Fünfprozentklausel als verfassungswidrig, in Hamburg als zulässig

Von KNÖ

Der Sachverhalt kling paradox: Am Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht einer Klage gegen die Fünfprozentklausel im schleswig-holsteinischen Kommunalwahlrecht stattgegeben. Nur einen Monat vorher hatte es eine Verfassungsklage gegen die Sperrklausel bei der Wahl der hamburgischen Bezirksversammlungen abgewiesen. „Es kann eigentlich nicht sein, dass in so einer grundsätzlichen Frage unterschiedliche Rechtsauslegungen in den Bundesländern gelten“, findet Manfred Brandt vom Hamburger Landesverband des Vereins „Mehr Demokratie“.

Für Schleswig-Holstein hatten die Verfassungsrichter argumentiert, die Klausel benachteilige die Wähler kleiner Parteien, deren Stimmen verloren gingen. Damit werde der Gleichheitsgrundsatz bei Wahlen zu Kommunalparlamenten in Artikel 28 des Grundgesetzes verletzt.

Für Hamburg wollte das Verfassungsgericht das nicht gelten lassen. Die Bezirksversammlungen seien weder echte Kommunalparlamente noch Selbstverwaltungsorgane, für die der allgemeine Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 der Grundgesetzes gelten würde. Vielmehr übten sie „unmittelbare Staatsgewalt aus“. Die Bezirksversammlungen sind Teil der Bezirksverwaltung.

Die politische Praxis widerspricht dieser Auffassung eklatant. Weit mehr als jeder Gemeinderat muten die Bezirksversammlungen wie Parlamente an. Allerdings kann der Senat letztlich immer über die Bezirksversammlungen hinweg regieren.

Das Bundesverfassungsgericht ging weiter: Wegen der föderalen Ordnung Deutschlands sei es selbst gar nicht zuständig, sondern das Landesverfassungsgericht. In Schleswig-Holstein hilft das Bundesverfassungsgericht aus, weil das Land kein eigenes Verfassungsgericht hat.

Vergangenen April hatte das Hamburgische Verfassungsgericht geurteilt, die Fünfprozentklausel sei zulässig, weil sie die „Funktionsfähigkeit der Bezirksversammlungen durch Fernhalten von Splitterparteien“ garantiere. Brandt vermutet, dass die nächste Wahl angefochten werden wird. KNÖ