: Kritik am Sportgarten
Der Leiter des Sportgartens, Hanns-Ulrich Barde, wird scharf für seine Äußerungen in der taz angegriffen. Er hatte Mädchen die Fähigkeit zu technischem Vorstellungsvermögen abgesprochen
von EIKEN BRUHN
Scharfe Kritik am Leiter des Bremer Sportgartens, Hanns-Ulrich Barde, übte gestern die Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses der bremischen Bürgerschaft, Ursula Arnold-Cramer. Die SPD-Abgeordnete attestierte Barde „rückständige und diskriminierende Ansichten“.
Barde hatte am Mittwoch in einem von ihm autorisierten taz-Interview gesagt, Mädchen fehle „technisches und räumliches Vorstellungsvermögen und die Kreativität im Umgang mit unseren Baumaterialien“. Damit hatte er begründet, warum die 14 jugendlichen Teilnehmer einer Reise nach Südafrika ausschließlich männlich sind. Diese sollen dort eine Skateranlage reparieren. Der Beirat Östliche Vorstadt bezuschusst die Mittwoch beginnende Reise mit 1.700 Euro, weitere Gelder sind beim Bundesjugendministerium beantragt.
Barde sagte gestern, er spreche Mädchen und Frauen „in keinem Fall“ die genannten Eigenschaften ab, er habe sich nur auf eine Gruppe von Jugendlichen bezogen, welche derzeit im Sportgarten Rampen bauen. Dass er nur Jungs mitnehme, findet er in Ordnung: „Das ist eine Reise im Rahmen unserer Jungenarbeit.“ Er betonte noch einmal, „dass ein Austausch mit gemischtgeschlechtlichen Gruppen in einer Zulu-Kultur auch besonderer Vorbereitung – auch auf der Seite unserer afrikanischen Partner – bedarf“.
Mit seinen Äußerungen in der taz hatte Barde auch diejenigen irritiert, die seit Eröffnung des Sportgartens vor acht Jahren fordern, dass dieser sich für Mädchen öffnet. „Ausgerechnet jemand, der sich interkulturelle Kompetenz auf die Fahnen schreibt, nimmt lieber keine Mädchen mit, weil’s zu kompliziert ist – das zeigt, dass ihm der Geschlechteraspekt zweitrangig ist“, kritisierte Anette Klasing von der Jugendbildungsstätte Lidicehaus. Klasing hält wie andere Kolleginnen aus der Mädchenarbeit den Sportgarten im Prinzip für eine gute Sache – das Konzept aber wegen seiner einseitigen Ausrichtung auf die Interessen von Jungs für unausgegoren. „Die meisten Mädchen fühlen sich dort nicht wohl, weil es ihnen zu stark auf Wettbewerb ausgerichtet ist, auf Konkurrenz, auf höher, stärker, schneller, weiter“, glaubt Klasing. Das sei deshalb schade, weil es viele Mädchen gebe, die gerne gemeinsam mit Jungen etwas machen würden.
Auch Barde räumte gestern ein, dass die Anlage immer noch überwiegend von Jungen genutzt wird. „Skaten in Halfpipes scheint für Mädchen weniger interessant zu sein, sie entdecken diesen Sport erst langsam und werden dabei von uns gefördert.“ Die Kritik, der Sportgarten richte sich ausschließlich an Jungs, wies er zurück. „Wir bieten ausreichend Gelegenheiten für beide Geschlechter.“ Er verwies auf die Angebote des Sportgarten, etwa Hockey, Klettern, Beachvolleyball, zunehmend auch Fußball oder die Möglichkeit, sich Inliner auszuleihen, um damit um den Werdersee zu fahren. Außerdem stünden vier Pferde zur Verfügung – mit der Einschränkung, dass diese anders als die Sportanlagen nicht rund um die Uhr genutzt werden können. Reiten kann eine feste Gruppe von 15 Mädchen. Anfragen kämen allerdings 20 Mal so viele, schätzt Barde. Er fände es auch wünschenswert, wenn Jungs sich mehr für den Tierbereich des Sportgartens interessieren würden. „Aber wir können Interessen nicht verordnen.“
Das verlange auch niemand, sagt die SPD-Frau Arnold-Cramer. Sie erwarte aber, dass Jugendprojekte dazu beitragen, Stereotypien aufzulösen. Sie hat Barde vor den Gleichstellungsausschuss eingeladen, wo er erklären soll, wie er den Auftrag der Politik umsetzt, nach dem Angebote für Jugendliche zu je einem Drittel auf Jungen, Mädchen und geschlechterunspezifisch ausgerichtet sein sollen. „Wenn sich herausstellt, dass der Sportgarten nur für Jungen ist, muss er finanziell neu veranschlagt werden“, so Arnold-Cramer. Diese Idee stieß allerdings in ihrer Partei auf Widerstand. Karin Garling, jugendpolitische Sprecherin der SPD, sagte, sie halte es für sinnvoller, das Konzept zu verändern. Anders als ihre Vorgänger hält sie es aber für notwendig, sich den Sportgarten genauer anzugucken. Sie gab zu bedenken, dass über das Geld – der Sportgarten bekommt 154.000 Euro jährlich – auch die StadtteilpolitikerInnen zu entscheiden haben, „da können wir nicht reinreden“.
Nicht alle fordern mehr Angebote für Mädchen im Sportgarten. „Die müssen da nicht unbedingt hin, wenn Barde sagen würde, er macht etwas für Jungen, wäre das okay“, sagt Ruth König vom Mädchenhaus. „Er behauptet aber, beiden Geschlechtern etwas anzubieten, das ist falsch.“ Ob der Sportgarten allerdings mehr sein kann als eine Möglichkeit, sich auszutoben, daran hat König starken Zweifel. Als Nutzerin ist ihr zum einen der rüde Umgangston unangenehm aufgefallen, homophobe Sprüche sein von Mitarbeitern toleriert worden. Zum anderen hält sie es für fatal, wenn Jungen Botschaften empfingen wie: „Man nimmt Mädchen auf eine Reise nicht mit, weil’s zu kompliziert ist und sie den Hammer nicht halten können.“