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Archiv-Artikel

Das Stadion ist nicht unzumutbar

Der Ausbau des Weserstadions darf beginnen: Das Oberverwaltungsgericht wies gestern die Klagen dreier AnwohnerInnen zurück. Lärmgrenzwerte werden aber wohl bisweilen leicht überschritten

von Jan Zier

Das böse Wort vom „Schwarzbau“ mochte Andreas Reich, der Anwalt dreier AnwohnerInnen vom Osterdeich, nicht in den Mund nehmen. Und doch: Es liege keine Baugenehmigung für das Weserstadion vor, beharrte er gestern vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen. Ein Abriss droht indes nicht, versicherten die Richter, auch einem Ausbau um 8.000 auf insgesamt 50.000 Plätze steht rechtlich nichts mehr entgegen. Den Antrag, den Bebauungsplan der Bürgerschaft für unwirksam zu erklären, wiesen die Richter gestern zurück. Eine Revision gegen das Urteil hat das OVG nicht zugelassen, der Ausbau kann damit beginnen. Wann die Bagger anrollen, ist aber noch unklar.

Die AnliegerInnen hatten gegen die Aufstockung des Stadions um eine dritte Zuschauertribüne geklagt, weil sie die „erdrückende Wirkung“ des „monströsen Bauwerks“ fürchten. Reich sprach von einem „Klotz“ von 200 Metern Länge – und wirft den Behörden zahlreiche Fehler bei der Abwägung der Anwohnerinteressen vor.

Die ausgebaute Spielstätte – deren künftiger Dachrand den heutigen um fast neun Meter überragen soll – sorge nicht nur für mehr Schatten am Osterdeich, so die AnwohnerInnen, sondern auch für mehr Lärm. Gerade bei Champions League-Spielen, die in der Regel erst um 22.30 Uhr enden, komme es zu einer „exorbitanten Überschreitung“ der Lärmgrenzwerte, so Reich.

Werder bezweifelt das – und hat ein Lärmgutachten vorgelegt, dass sogar von einer geringfügigen Minderung der Immissionen ausgeht. Angesichts einer neuen Dachkonstruktion, sagen die Planer, dringe auch weniger Zuschauerlärm nach draußen. Lärmmessungen zufolge werden die Grenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet bei Abendveranstaltungen gleichwohl geringfügig und nach zehn Uhr abends um fast drei Dezibel überschritten. Zulässig sind 55 Dezibel am Tage, 60 Dezibel am Abend und 50 Dezibel in der lautesten Stunde der Nacht.

Doch auch die Überschreitungen dieser Grenzwerte sind kein Grund, den Ausbau zu stoppen, sagt das Oberverwaltungsgericht. Denn abgesehen davon, dass das Weserstadion wohl einen „Altanlagenbonus“ von fünf Dezibel in Anspruch nehmen kann, sind an maximal 18 Tagen im Jahr Überschreitungen um zehn Dezibel zulässig, zumindest vor 22 Uhr. Und für die Nachtstunden danach kann es – für internationale Ereignisse – im Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung geben. Das reicht prinzipiell für alle möglichen Champions League- und Uefacup-Spiele von Werder Bremen sowie für vier Open Air-Konzerte im Jahr. Allerdings seien Einschränkungen des Stadionbetriebs nach 22 Uhr durchaus denkbar, so die Oberverwaltungsrichter. Sie waren allerdings nicht Gegenstand des jetzigen Verfahrens.

Keine Chance hatte das Argument der drei klagenden AnwohnerInnen, ihre Anwesen am Osterdeich würden künftig „unzumutbar verschattet“. Mit gut 100 Metern Abstand zum Stadion seien die Häuser „sehr, sehr weit entfernt“, sagen die Richter – zumindest nach den Maßstäben des Baurechts. Das erachte als unzumutbar nur, was zugleich eine Atmosphäre „wie im Gefängnishof“ schaffe, also das Gefühl, „eingemauert“ zu sein. Und ob das so ist, so ein Richter – „da befallen uns doch arge Zweifel“.