: Eine neue Welt für Gewaltopfer
Der Verein Wildwasser eröffnet im Wedding eine therapeutische Mädchen-WG mit interkulturellem Ansatz
Für Mädchen, die Opfer von sexueller und anderer Gewalt wurden, unter Depressionen oder Süchten leiden, gibt es ein neues Hilfsangebot. Der Verein Wildwasser nimmt eine therapeutische Mädchen-WG im Wedding in Betrieb. Das Projekt richtet sich an junge Frauen zwischen 12 und 18 Jahren. Hier können Mädchen bis zu zwei Jahre lang wohnen, betreut werden sie rund um die Uhr. Neu an dem Konzept ist die Konzentration auf interkulturelle Mädchenarbeit – daher auch der Name „Donya“. Das ist das persische Wort für „Welt“.
„Die Idee ergab sich aus dem Bedarf: Etwa 50 Prozent der Mädchen, die in die Mädchen-Beratungsstelle in Kreuzberg kommen, haben einen Migrationshintergrund“, sagt die Sozialpädagogin Christiane Brückner. Sie wird in dem Haus in der Wriezener Straße arbeiten, zusammen mit einer türkischen und einer iranischen Kollegin. Der interkulturelle Ansatz wurde vor allem deshalb gewählt, erklärt Brückner, damit „die Mädchen erleben, dass es in verschiedenen Kulturen ganz unterschiedliche Frauenbilder gibt“.
So weit die Theorie. Allerdings werde das Selbstbild der Mädchen, die in die Kreuzberger Beratungsstelle kommen, kaum durch die Herkunft der Eltern bestimmt, sagt die Wildwasser-Psychologin Dorothea Zimmermann. Sie hat viele dieser Mädchen nach ihrer kulturellen Identität befragt: „Die Antworten hatten nichts mit dem jeweiligen ethnischen Hintergrund zu tun. Wichtiger ist die Frage, welcher Musikszene sie sich zugehörig fühlen, etwa der Hiphop-Kultur.“ Auch der eigene Kiez, in dem die Mädchen leben, spiele eine große Rolle.
Zehn Zimmer sind in dem denkmalgeschützten und sanierten Haus nun zu vergeben. Die Freude bei der Eröffnung ist groß, auch weil der Senat das Projekt finanziert. „Gegen andere Wohnprojekte haben sich oft die Eltern gesträubt, weil es keine 24-Stunden-Betreuung gibt“, sagt Brückner. Die Eltern müssen mit dem Einzug der minderjährigen Mädchen einverstanden sein. Nur in Fällen, in denen das Sorgerecht zum Schutz des Kindes ans Jugendamt übertragen wurde, haben die Eltern keine Entscheidungsmacht. „Im Allgemeinen steht die Elternarbeit mit im Zentrum. Ziel ist, die Eltern-Kind-Beziehung zu verbessern. Der Rückhalt der Familie ist gerade für Mädchen mit islamischer Religion ein wichtiger Aspekt.“ KATHARINA BUESS