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Archiv-Artikel

Berliner gönnen BVG ’ne Pause

Der erste Tag des BVG-Streiks verläuft überraschend reibungslos. Fahrgäste weichen auf die S-Bahn aus. Finanzsenator droht mit teureren Tickets, falls die Forderungen von Ver.di umgesetzt werden

VON GEORG FAHRION

Nachdem die erste Verblüffung gewichen ist, muss Andrea Maier lachen. Sie rüttelt am Mittwochmorgen an den verschlossenen Türen des U-Bahnhofs Schlesisches Tor. „Ich ärger’ mich höchstens, dass ich nicht besser Zeitung lese“, sagt sie. „Ansonsten find ich das gut, dass die streiken.“ Zu ihrem Arbeitsplatz am Rosenthaler Platz fährt sie an diesem Tag mit dem Fahrrad.

Wie Andrea Maier mussten hunderttausende Berliner am Mittwochmorgen wegen des in der Nacht zuvor angelaufenen BVG-Streiks improvisieren, und wie sie erklärten sich die meisten solidarisch. Viele Pendler wichen auf die zeitweise überfüllten S-Bahnen aus, die nach Schätzungen des Unternehmens 300.000 zusätzliche Fahrgäste verzeichneten. An den stark frequentierten S-Bahnhöfen Friedrichstraße und Ostkreuz waren PolizistInnen im Einsatz, um die Menschenmassen von einem Bahnsteig zum andern zu schleusen. Die Berliner nahmen es mit Gelassenheit und ertrugen das zeitweilige Gedränge mit stoischer Ruhe. Nach der Hauptverkehrszeit am Morgen war in der Stadtbahn wieder genug Platz für einen Gitarrenspieler.

Auf den Straßen führten Schnee und ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zu erheblichen Behinderungen. Das befürchtete Chaos blieb aber auch hier aus, wie die Polizei mitteilte.

Ver.di-Verhandlungsführer Frank Bäsler zeigte sich mit dem ersten Streiktag zufrieden. Alle Fahrzeuge seien „pünktlich und ordentlich drinnen“ geblieben.

Anders als die Berliner zeigt die Politik bisher wenig Beweglichkeit. Finanzsenator und BVG-Aufsichtsratschef Thilo Sarrazin (SPD) kritisierte den Streik als „nicht angemessen“. Das hoch verschuldete Landesunternehmen könne nur das zahlen, was „vernünftig“ sei. Für den Fall, dass sich die Gewerkschaft Ver.di mit ihren Forderungen durchsetzen sollte, kündigte Sarrazin Fahrpreiserhöhungen an. Ver.di fordert 8 bis 12 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten der BVG und deren Tochterfirma Berlin Transport. Der Kommunale Arbeitgeberverband bietet eine stufenweise Erhöhung um 6 Prozent bis Ende 2010 an, allerdings nur für die nach 2005 neu Eingestellten. „Es ist eine festgefahrene Situation“, sagte ein Ver.di-Sprecher.

Neben den S-Bahnen waren nur rund 100 Busse privater Unternehmen auf Ersatzstrecken unterwegs. Ein junger Busfahrer, der bei einem BVG-Subunternehmer angestellt ist, berichtete von freundlichen Reaktionen: „Die Fahrgäste freuen sich, wenn sie überhaupt ’nen Bus sehen.“

Anders Bjorkman hingegen, der vor dem Hotel Park Inn mit 20 weiteren Gästen auf den Shuttlebus zur Touristikmesse ITB wartete, war ungehalten über den Streik. „Das hätten die doch an einem anderen Tag machen können“, beschwerte sich der schwedische Geschäftsmann.

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