Politisch gewollte Veränderungen

betr.: „Menschen in Weiß“ von Nele Jensch, taz vom 29. 2. 08

Nach meiner eigenen Erfahrung schweben Ärzte weniger über Krankenhausflure, sondern hetzen, getrieben von überbordenden Anforderungen zur Versorgung von immer mehr Patienten bei kürzerer Verweildauer in den Kliniken. Das verweist auch genau dorthin, wo Fehler zumindest teilweise begründet sind: Einsparungen und Straffung von Abläufen bis zum Exzess zwecks Einsparung von Kosten. Von Fehlern im Berufsalltag kann sich keiner freisprechen. Auch unter entspannten Arbeitsbedingungen wird es Fehler geben. Unter zunehmendem Zeitdruck aber und durch ein chronisches Schlafdefizit mit zum Teil unmenschlichen Arbeitsplänen wächst das Risiko für Verwechslungen und Unachtsamkeiten stark an. Das sind Auswirkungen von politisch gewollten Veränderungen der Struktur unseres Gesundheitssystems. Deshalb sehe ich in der Enttabuisierung von Behandlungsfehlern auch keine „Form der Abbitte“ oder ein „Zuvorkommen von Skandalen“. Der Skandal ist die Demontage unseres Gesundheitssystems, in dem alle Beteiligten wie eine Zitrone ausgequetscht werden.

HARALD TEGTMEYER-METZDORF, Wasserburg

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