: Die mutige Millionenfrau
Friedensstifterin ist kein alltäglicher Beruf in Kenia, und schon gar nicht für eine Muslimin aus der somalischen Bevölkerungsgruppe. In Dekha Ibrahims Heimat im Nordosten Kenias ist es heutzutage noch immer nicht selbstverständlich, dass Mädchen in die Schule gehen, und als sie 1964 in der Stadt Wajir geboren wurde, war es ausgesprochen ungewöhnlich. In der Region wohnen vor allem Hirten, die mit ihrem Vieh auf der Suche nach Weidegründen herumziehen. Wegen des Streits um Wasser und Weideland zwischen Clans war der Nordosten immer unruhig, und auch die Nähe Äthiopiens und Somalias verursachte Probleme.
„Es war keine schöne Zeit und Umgebung, um aufzuwachsen“, erinnert sich Dekha Ibrahim, die national und international einen Ruf als Friedensaktivistin erworben hat und 2007 eine der Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises geworden ist. Am Samstag, dem Internationalen Frauentag, wird sie die Hauptrednerin auf einer Friedenskundgebung in Kenias Hauptstadt Nairobi sein, deren Organisatorinnen hoffen, eine Million kenianische Frauen zum Protest gegen Gewalt auf die Beine zu bringen.
Dekha Ibrahims Engagement für Frieden in Kenia geht zurück auf das Jahr 1992, als bei politischer Gewalt zwischen Clans in Wajir 24 Menschen lebendig in einem Haus verbrannten. Da wurde ihr klar, dass etwas geschehen musste. Sie sprach mit Männern, Frauen und Kindern, Politikern und Geistlichen, um die vielen verschiedenen Probleme zu verstehen. Eine große regionale Friedenskonferenz wurde organisiert und ein Friedenskomitee für Wajir gegründet. „Wichtig war, dass der kleinste, unbedeutende Clan Vermittler wurde“, verrät sie das Erfolgsrezept. In späteren Jahren verhinderte diese Struktur neue Gewaltausbrüche in Wajir.
Die Konferenz hatte Erfolg –sodass Jahre später, während der jüngsten Krise in Kenia nach dem Streit um den Ausgang der Präsidentschaftswahl vom Dezember 2007, der Nordosten eine der wenigen friedlichen Oasen Kenias geblieben ist, während im restlichen Land mehr als 1.000 Menschen getötet und 300.000 vertrieben wurden. Auch an der kenianischen Küste, sonst oft Unruheherd, blieb es relativ ruhig. „Der Provinzkommissar dort war vor fünfzehn Jahren ein Beamter im Nordosten und war beteiligt an den Friedensgesprächen“, erklärt Dekha Ibrahim. „Er hat an der Küste kopiert, was wir damals im Nordosten machten.“
Kenia wird nie wieder so sein wie früher, glaubt Dekha Ibrahim. Doch sie sieht die Möglichkeit für einen neuen Anfang. „Wir müssen aber erst gute Führer schaffen. Kenia ist zu wichtig, um es den Politikern zu überlassen.“ ILONA EVELEENS