: Ab Montag stehen die Züge still
Wegen des Lokführerstreiks fallen die Hälfte der Fernzüge und bis zu 90 Prozent des Regionalverkehrs aus. Eine Einigung scheint ausgeschlossen – und könnte den Notfahrplan eh nicht mehr verhindern
Die Tarifverhandlungen für die 1,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind gescheitert. Nach massiven Warnstreiks blieb auch die fünfte Verhandlungsrunde der Tarifparteien am Freitag ergebnislos. Bund und Kommunen haben nun ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Streiks sind damit bis Ende März nicht erlaubt. Als Schlichter sind Baden-Württembergs Exministerpräsident Lothar Späth (CDU) und der ehemalige Hannoveraner Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) vorgesehen. Über ihr Ergebnis sollen Arbeitgeber und Gewerkschaften am 29. März erneut in Potsdam verhandeln. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erklärte, die Verhandlungen seien vor allem an der Frage der Arbeitszeit gescheitert. Ver.di-Chef Frank Bsirske verlangte von den Arbeitgebern erneut eine „deutliche Verbesserung“ der Löhne und Gehälter. „Wir wollen sie jetzt“, sagte Bsirske. Der Schlichter Herbert Schmalstieg kündigte derweil eine baldige Lösung des Tarifstreits an. DPA
VON MALTE KREUTZFELDT
Der Konflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) steuert auf einen neuen Höhepunkt zu: In der Nacht von Sonntag auf Montag beginnt ein Streik im Nah- und Fernverkehr – und diesmal gilt er unbefristet.
Durch den Einsatz von Lokführern, die Beamte sind oder anderen Gewerkschaften als der GDL angehören, will die Bahn einen Teil des Verkehrs aufrechterhalten. Wegen der möglichen langen Dauer des Streiks und den damit verbundenen stärkeren Personalengpässen fällt dieser Ersatzfahrplan aber dünner aus als bei vorangegangenen Streiks, sagte Karl-Friedrich Rausch, Vorstand für Personenverkehr, am Freitag in Berlin.
Im Fernverkehr will die Bahn versuchen, etwa jeden zweiten Zug fahren zu lassen, zum Teil auf verkürzten Strecken. Vor allem ICEs, Auto- und Nachtzüge und internationale Verbindungen sollen rollen. IC-Verbindungen entfallen hingegen fast komplett. Zu „starken Einschränkungen“ werde es im Regionalverkehr kommen, sagte Rausch. In Ostdeutschland, wo besonders viele Lokführer der GDL angehören, werden voraussichtlich nur zehn Prozent der Regionalbahnen fahren, im Westen bis zu 50 Prozent. Zudem will die Bahn im Ersatzverkehr über 500 eigene Busse anbieten. Die S-Bahnen fahren in Hamburg im 20-Minuten-Takt, in Berlin etwa stündlich.
Informationen über den Ersatzfahrplan gibt es im Internet unter www.bahn.de/aktuell, auf Internethandys unter mobile.bahn.de/ris und telefonisch unter der kostenlosen Hotline 0 80 00-99 66 33. Bei streikbedingten Ausfällen dürfen Reisende mit zuggebundenen Fahrkarten kostenlos auf andere Verbindungen ausweichen. Falls eine Reise wegen Streiks nicht angetreten werden kann, wird der Fahrpreis komplett erstattet. Bei Zeitkarten ist eine anteilige Erstattung möglich.
Wie schon bei den Streiks im vergangenen Jahr, versucht die Bahn, den Streik der GDL juristisch zu stoppen: Über eine Einstweilige Verfügung wird am Montag um 10 Uhr verhandeln.
Wegen der langen Vorbereitungszeit wird der Notfallplan am Montag in jedem Fall gelten – selbst wenn die Bahn und die GDL sich noch kurzfristig einigen sollten, sagte Bahnvorstand Rausch. Die Bundesregierung appellierte am Freitag noch einmal an die Tarifparteien, einen Streik abzuwenden, doch eine Einigung schien unwahrscheinlich. Die Bahn und die GDL hatten sich Mitte Januar im Grundsatz bereits auf höhere Löhne und einen eigenen Tarifvertrag für die Lokführergewerkschaft geeinigt. Die Unterschrift macht die Bahn aber von einem zusätzlichen Grundlagentarifvertrag abhängig, der den Geltungsbereich regelt. Außerdem besteht sie darauf, dass die drei konkurrierenden Bahngewerkschaften GDL, Transnet und GBDA eine Kooperationsvereinbarung schließen. Ein Spitzentreffen der drei Gewerkschaften ist am Freitagnachmittag jedoch geplatzt. Transnet und GBDA forderten die Bahn daraufhin auf, künftig nur mit ihnen zu verhandeln.
Die GDL sieht ihre erkämpfte Eigenständigkeit durch die Bedingungen der Bahn infrage gestellt. Den Vorwurf von Heiner Geißler, dass der Streik aufgrund „unzumutbarer Bedingungen“ der Bahn „völlig berechtigt“ sei, (taz vom 6. 3.) wies die DB zurück. Dass Geißler, der im Sommer Moderator im Bahntarifstreit war, sich so äußere, sei „auch menschlich eine Enttäuschung“.