nebensachen aus manila : Von der gewonnenen Misswahl bis in die Politik ist der Weg oft nicht weit
„Spieglein, Spieglein an der Wand. Wer ist die Schönste …?“ Diese bange Frage stellen sich täglich junge Frauen im philippinischen Inselreich. Der südostasiatische Staat ist inoffizieller Weltmeister in der Disziplin „Schönheitswettbewerbe“. Kein Anlass mag zu nichtig, kein Fest zu unbedeutend sein, um es nicht mit einer Beauty Queen zu krönen. Stadtteile putzen sich mit einer Schönheitskönigin heraus, und große einheimische Firmen sind stolz auf die betriebseigene Miss XYZ.
Im Gegensatz zu Misswahlen in der deutschen Provinz, die im Mief drittklassiger Diskotheken stattfinden, ist das Schaulaufen der Schönheiten auf den Philippinen ein gesellschaftliches Ereignis und wird mit Glanz und Gloria zelebriert. Zum Höhepunkt jeden Dorffestes gibt sich die komplette lokale Prominenz die Ehre. Misswahlen auf nationaler Ebene elektrisieren Sportstars, erfolgreiche Geschäftsleute und mächtige Politiker, die nur zu gerne in der Jury sitzen. Die glückliche Gewinnerin darf sich des Respekts ihrer Landsleute gewiss sein. Niemand wird munkeln: „Sieht zwar klasse aus, hat aber nichts in der Birne.“ Das Klischee von der tumben Beauty Queen zieht auf den Philippinen nicht, denn jede Bewerberin muss einen Highschool-Abschluss vorzeigen können.
Es ist nicht zu schön, um wahr zu sein. Angefangen hat der Kult um die Misswahlen mit einer modernen Version des Aschenputtel-Märchens. Es war 1953, als ein einfaches, aber schönes Mädchen aus der Provinz zur „Miss Muse of Manila“ gekürt wurde. Mit ihrem Charme und ihrem guten Aussehen bezirzte sie einen jungen, aufstrebenden Anwalt und Kongressabgeordneten, der sie zur Frau nahm. Zwölf Jahre später zog das Aschenputtel von der Insel Leyte in Manilas Präsidentenpalast ein, wo sie bis zur Vertreibung aus dem Paradies Schuhe, teure Roben und Juwelen sammelte.
Die Rede ist von Imelda Marcos, der Gattin des 1986 verjagten und im Exil verstorbenen Diktators Ferdinand Marcos. Seit ihrer Rückkehr aus dem Exil in den 90er-Jahren hält die inzwischen fast 80-Jährige wieder in der Hauptstadt Hof. Angesprochen auf ihren bis heute prunkvollen Lebensstil antwortet sie gerne: „Ich will doch nur den armen Mädchen vom Land Hoffnung machen auf ein besseres Leben.“ Das zumindest ist ihr gelungen. Denn es ist neben dem Spaß an der Freude natürlich die Hoffnung auf ein besseres Leben, die junge Philippinerinnen antreibt, sich bei den Miss-Wahlen zu präsentieren.
Schönen Frauen stehen auf den Philippinen viele Türen offen. Haben sie es erst mal ins Film- und Showgeschäft geschafft, ist ein späterer Wechsel in die Politik eine leichte Übung. Immerhin haben es politisch völlig unbeleckte Schauspieler bereits zum Präsidenten des Inselstaates geschafft, siehe Joseph Estrada. Und Loren Legada, eine attraktive Aktrice, hat bei den Senatswahlen im Mai 2007 alle Konkurrenten hinter sich gelassen. Ihr werden bei den Präsidentschaftswahlen 2010 gute Chancen eingeräumt. Sicher ein Anreiz mehr für viele Filipinas, als Beauty Queen ihre Karriere zu beginnen. HILJA MÜLLER