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Archiv-Artikel

Maria und der Unterleib

Ein Kaufhaus-Schaufenster in Lübeck soll die religiösen Gefühle einer Katholikin verletzt haben. Der Karstadt-Konzern nimmt daraufhin das mit der Dekoration beworbene Parfüm „Vive Maria“ aus den Regalen – und das bundesweit

„Vive Maria“ heißt ein Parfüm, das bis vergangene Woche exklusiv in ausgewählten Karstadt-Filialen zu haben war – auch in Lübeck, wo das Produkt einer gläubigen Katholikin in die Augen stach. Auf dem Flacon, dessen Aufdruck dezent mit der katholischen Ikonografie spielt, steht unter dem Namen des Parfüms in kleiner Schrift „Forbidden Fragrance“ – „Verbotener Duft“. Schräg darüber und etwas größer findet sich die die Inschrift „Almost Innocent“, die für die Duftlinie steht. Im Angebot ist außerdem ein Produkt namens „Mis(s) Behave“, dessen Name mit dem Wort „misbehave“ spielt, englisch für „schlecht benehmen“.

Was der Katholikin jedoch noch mehr aufstieß als die Parfümflasche selbst, war die Dekoration, mit der das Produkt in der Lübecker Karstadt-Filiale beworben wurde. Die Kaufhaus-Mitarbeiter hatten eine Statue der Heiligen Maria neben ein Dessousmodell gestellt, so dass der Kopf der Muttergottes etwa in Höhe des Slips war. Die Muttergottes, der Slip, und dazu der Werbespruch „Verbotener Duft“ – für die Lübecker Katholikin war das zu viel. Die Frau habe beim Beten an diese Werbung denken müssen, berichteten die Lübecker Nachrichten. Sie habe sich in ihrem Glauben verletzt gefühlt.

Die Frau wandte sich an die katholische Probstei-Gemeinde Herz Jesu in Lübeck, die einen Beschwerdebrief an den Karstadt-Konzern schickte. Der reagierte: Er nahm das Parfüm bundesweit aus den Regalen. Nach der katholischen Lehre ist Maria trotz des Umstands, dass sie Jesus geboren hat, eine Jungfrau, die Theologen sprechen von „unbefleckter Empfängnis“.

Das Parfüm „Vive Maria“ hat seinen Namen von einer Dessous-Kollektion des Modelabels „Nastrovje Potsdam“. In den 1990ern erregte das Unternehmen öffentliche Aufmerksamkeit durch seine BHs und Slips, die mit Jesus- und Heiligenbildern bedruckt waren – unter anderem der Jungfrau Maria.

Bei dem Slip, der nun der Katholikin in Lübeck aufstieß, soll es sich um ein Exemplar aus der Vive-Maria-Kollektion gehandelt haben – jedoch ohne eine aufgedruckte Maria oder einen Jesus. „Das haben wir nicht mehr in der aktuellen Kollektion“, sagt eine Sprecherin des Modelabels, das im süddeutschen Villingen-Schwenningen sitzt. Es habe damals aber auch bei ihnen „Einzelstimmen“ gegeben, „die laut geworden“ seien.

Das Problem mit dem Parfüm liege in den religiösen Symbolen, „die dafür herhalten müssen, für ein Produkt zu werben“, sagt der Lübecker Kaplan Karl Schultz. Und darin, dass diese Werbung „bis in die Unterwäsche“ gehe. Genaueres könne er zu dem Fall aber nicht sagen, den Brief habe er nicht geschrieben. Und der zuständige Probst Franz Mecklenfeld sei erst am Freitag wieder zu sprechen. Mecklenfelds Anrufbeantworter verweist wiederum auf Kaplan Schultz.

Beim Hamburger Parfumlabel Rubysense, das „Vive Maria“ als „eine Hommage an die Weiblichkeit“ bewirbt, glaubt man, dass es weniger die Parfümflasche ist, die die religiösen Gefühle stört, als die Dessous-Dekoration der Karstadt-Filiale in Lübeck. Rubysense-Sprecher Peter Sechehaye ist dennoch skeptisch, ob der Kaufhauskonzern das Parfum wieder ins Programm aufnimmt: „Es wäre super-souverän, wenn die sagen, sie stellen das wieder rein“, sagt er. „Aber das glaube ich nicht.“

Bei Karstadt Lübeck darf man zu dem Fall keine Auskunft geben. Dem Sprecher der Konzernzentrale in Essen, Martin Schleinhege, zufolge sucht man derzeit das Gespräch mit der Kirche: „Wir sehen keinen Sinn darin, die religiösen Gefühle der Menschen zu verletzen.“ Immerhin, gibt Schleinhege zu bedenken, stehe auf der Verpackung des „Vive Maria“-Parfüms auch noch der Spruch „Pecca fortiter“ – „sündige kräftig“. Und das sei „auch so gemeint“. DANIEL WIESE