: Lieber Barnabas!
RBS – Sein geheimes Tagebuch (7): Die Aufzeichnungen des legendären Hamburger Innensenators a. D., Ronald Barnabas Schill, weltexklusiv in der taz nord. Heute: Das Jahr 2003 – bitterer Abschied
17. August
Lieber Barnabas, gerade läuft alles schief. H[erpes] schlimm, Seealg[enpulver] ist alle, Apo[theke] sagt: Momentan nicht lieferb.
18. August.
Schwuli reichlich unverfroren: Kommt einfach so zurück von Sylt und behauptet, jetzt prüft ER meinen Welli [Staatsrat Walter Wellinghausen]. Ein starkes Stück findst du nicht? MEINEN WELLI! Und das nur weil diese Plaudertasche von Ex-Tennisspieler seine Geschäftsgeheimnisse nicht wahren kann. Vollkommen unmöglich! Der Stich! Aber wirklich, in Wahrheit wär der mal ein Fall für den BGM1 [den Ersten Bürgermeister = Ole von Beust], den kann der sich gerne mal zur Brust nehmen, und überprüfen, statt meinen tüchtigen Welli. Welli eben bei mir, völlig aufgelöst, brauchte das Geld und so. BGM1 hat ihn für morgen zu sich bestellt! Zuerst einmal gemeinsam tüchtig Jäger[meister], dann ich: Ich hau dich da raus, Welli! Du gehst da nicht hin! Das mach ich und da wird Schwuli aber mal schön gucken wenn ich ihm stracks ins Gesicht sage: Wer meine Freunde zu sich bestellt, bekommt es mit mir zu tun! Und dass ohne mich und Welli die Polizisten in alle Ewigkeit kackgrün wären und niemals blau! Und dass er sich die Harley-Staffel auch abschminken kann, wenn er meinen Welli anmacht. Ich weiß nämlich alles: Der ist schwul! Und der hat mit dem Roger gekuschelt, eiteitei! und das sag ich ihm morgen, das hat mir nämlich der R[oger] alles haarklein selbst erzählt. Das ist doch alles die purste Schwulen-Mafia! Wie die Neger! Und was wird wenn ich das der Welt sage? Der wird kriechen! Ich: tja, hättste dir früher überlegen müssen Schwuli! Er: Bittebittebitte! Ich: Nein! Außer ich darf Schauspielhaus doch schließen! Und künftig: Ich BGM1.
PS: Der St[ich] hatte doch auch mal einen Schwulen zum Freund! Auch Tennis. Aidstot, da war bestimmt was, lass ich mal den Welli jemanden drauf ansetzen, wozu ist man denn SI [Senator für Inneres].
PPS: Habe eben noch Welt angerufen und gesagt: „Wir sehen den Ereignissen gelassen entgegen.“ Wenn die wüssten!!!!!
19. August
Scheißtag gehabt.
20. August
Lieber Barnabas, gestern konnte ich es noch nicht schreiben, aber es hat alles keinen Zweck, passiert ist passiert, hat Vater auch immer gesagt. Ich bin raus. Nicht mehr in Senat. Nicht mehr BGM2. Und gar nicht BGM1. Gestern war ich bei Schwuli gewesen. Und der erst wirklich verblüfft: Wieso DU???!, große Augen. Ich: Das ist jetzt keine politische Sache mehr. Ein Feind meines Freundes ist auch mein Feind, und dabei mit seiner Modelleisenbahn bisschen gespielt, so wie im Film. Er aber nur: Hä? Ich: Du fickst Roger! Er schon wieder: Hä?, total nervig. Ich: Erzähl ich heut Abend allen! Prime time auf allen Sendern, außer Welli wieder drin. Er: Raus! Ich kann dich nicht mehr sehen! Ich glaube es lag an meinem H[erpes]. Später dann auch Journ[alisten] in PK: Sie sind eklig! Mitten in PK! Fotos gesehen: Wirklich blöd. Heute: Abends mit Ulli [Ulrich Marseille] zum Sandro gewesen, Trost, Spag[hetti], 5 gr.P[ils] danach allein nach Hause, Jäger[meister] bis Kotzen. Befreiend. PS: Ulli hätte ruhig zahlen können, aber schon vorher weg.
21. August
Fies: LKA hat Walter [PPK] geklaut! H[erpes] lässt nach: Zu spät.
22. August
Daheim. Lieber Barnabas, liege jetzt im frisch gemachten Bett und morgen bekomme ich Frühstück aufs Zimmer, hat Mutter versprochen. Bin nämlich raus zu Muttern, um durchzupusten – Idee von Michi [Michael Ammer, Partykönig]: Wenn er breit, auch immer zu Muttern – seine!!! –, weil Bett gemacht und Wäsche gebügelt. M[uttern] natürlich erst streng: Du bist zu gutgläubig, Barni und immer meinst du dass ist dein Freund, wenn einer dir schön tut. Und dass ich an Vater denken soll, der hat mich auch immer nur – und war doch das Beste, was mir passieren konnte, usw. Dann aber: Trost: Trink doch erstmal einen Schluck und dann erzähl alles von Anfang, Barni, und ich: Jäger[meister]. Und dann alles erzählt, auch dass ich wusste, dass BGM1 schwul und er: Ist mir doch egal. Sie: Intrige! Böse Leute! Ich wer denn? Sie: Überleg doch mal! Ich: Nocke? [Dirk Nockemann, stellv. Fraktionsvorsitzender, dann Innensenator bis März 2004] Der Quakdübel? Aber sie: Ganz egal, kämpfen, Barni!, du musst kämpfen! Presse anrufen! Ich also Jäger[meister] zur Stärkung, und dann noch mal nachgedacht: Nocke? Und dann – wie Schuppen von den Augen: Klar, Nocke, weil: Nocke war doch überall schon und auch CDU: Also: Kannte Schwuli schon länger!!! Brutus! Bis vorgestern noch absolut überfreundlich aber, ja Barni, aber nein, Barni und Barni hier und Barni da – NOCKE! Sofort alle antelefoniert: DIE GANZE WAHRHEIT ÜBER NOCKE!!!! Aber immer: Nein, heute nicht, morgen vielleicht – Bild sogar: Ob ich auch schwul? Schweine! Nur Bunte, ja doch, ganz gerne: Morgen Treffen. Wird groß!
Lesen Sie morgen: Das Jahr 2004 – neues Glück in Rio