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Archiv-Artikel

Schröder, Privatdiplomat

Der Exbundeskanzler war zu Gast in Vietnam – im Auftrag des Schweizer Medienunternehmers Michael Ringier

Exbundeskanzler Gerhard Schröder war noch einmal ganz Staatsmann. Zumindest wurde er in Vietnams Hauptstadt von Staatsoberhaupt Nguyen Minh Triet in diesen Tagen wie ein Staatsgast empfangen. Schröder war für den Schweizer Medienunternehmer Michael Ringier nach Hanoi gereist, als dessen Berater er zuvor schon nach China gereist war.

Ringier unterhält in Vietnam Anteile an einer Cash-Adaption, eine Mode- und eine Konsumentenzeitschrift. Er gibt einen Touristenführer sowie das renommierte englischsprachige Wirtschaftsmagazin Vietnam Economy Times heraus. Die meisten Leser erreicht er jedoch mit der Modezeitschrift Thoi Trang Tre, die gemeinsam mit dem vietnamesischen Jugendverband herausgegeben wird und als das von vietnamesischen Frauen am meisten gelesene Druck-Erzeugnis gilt. Da die Themen, die behandelt werden, politikfern sind, kommt der Schweizer nicht mit der Zensur in Hanoi in Konflikt.

Schon zum dritten Mal seit 2005 öffnete Schröder der Ringier AG in Hanoi nun Türen zu höchsten Regierungskreisen. Wer Medien in Vietnam herausgeben will, muss eine Lizenz oder eine Frequenz bei der Regierung erwerben oder über Anteile an staatseigenen Medien ebenfalls mit der Regierung verhandeln. Da ist es ein cleverer Schachzug von Ringier, den Exkanzler in seine Dienste zu nehmen – also jemanden, mit dem Hanoi auch verhandelt. Denn in dem konfuzianistisch geprägten Vietnam gilt: einmal Staatsmann, immer diplomatische Ehre. Ohne Schröders Unterstützung bliebe dem Privatier Ringier vermutlich mancher Zugang versagt.

Worüber Schröder in Ringiers Diensten mit Hanoi verhandelt hat, steht in vietnamesischen Zeitungen nur in Andeutungen. Ob sich Ringier um eine der zwei Frequenzen für privates Fernsehen beworben hat, die Hanoi in den nächsten Monaten erstmals vergeben will und die als Riesengeschäft gelten, erfährt man nicht. Hingegen gibt es Hinweise auf sein mögliches Interesse am auch in Vietnam populären Onlinejournalismus sowie an Inhalten von Internettelefonie.

Konkurrent von Schröder in Vietnam ist ausgerechnet sein ehemaliger Kanzleramtsminister Bodo Hombach, der heutige Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe. „Wir planen, in Vietnam mit einem Wirtschaftsmagazin zu starten“, verrät Unternehmenssprecher Paul Binder. Einen Türöffner vom Kaliber eines ehemaligen Regierungschefs hat die WAZ allerdings nicht. Also will man andere Zugänge nutzen. Binder: „Wir gehen das Projekt gemeinsam mit der Uni in Ho-Chi-Minh-Stadt an, die sich um die Lizenzvergabe kümmern will.“ Im Gegenzug will die WAZ bei der Journalistenausbildung helfen. MARINA MAI