: Geplatzte Absprachen
Obwohl ein Jura-Professor aus Hannover gestanden hat, für die Betreuung von Doktoranden bestochen worden zu sein, gibt es nun keinen Bestecher mehr: Der Promotionsvermittler aus Nordrhein-Westfalen bestreitet die Vorwürfe
„Unselig“ hat Thomas A. die Zusammenarbeit mit dem Institut für Promotionsvermittlung genannt. Der Jura-Professor hatte Anfang März vor der Wirtschaftsstrafkammer des Hildesheimer Landgerichts in einer öffentlich verlesenen Erklärung vieles eingesehen, damit das Verfahren gegen ihn endlich eingestellt wird (taz berichtete).
Am gestrigen Mittwoch geschah in Hildesheim ein juristisches Paradoxon: Obwohl A. zugegeben hatte, bestochen worden zu sein, bestritt der Geschäftsführer der Promotionsvermittlungsfirma, Nebenangeklagter im Verfahren, ihn bestochen zu haben. Der Professor habe zwar seit 1996 jeweils gut 2.000 Euro für die Betreuung sowie für jede erfolgte Promotion erhalten, erklärte Thomas D. Er sei jedoch „zuversichtlich, den Vorwurf der Bestechung ausräumen zu können“. Alle Promotionsverfahren mit Professor A. seien „korrekt abgelaufen“, verlas D. aus einer Erklärung.
Damit nimmt der Prozess gegen den „Herrn Professor Doktor“, wie der Hauptangeklagte A. im Verfahren genannt wird, eine erneute Wende. A. sitzt seit September in Untersuchungshaft. Vorwurf: Der verbeamtete C IV-Professor hat sich für seine reguläre Arbeit, Doktorvater sein, von D.s Promotionsvermittlern fürstlich nebenbei belohnen lassen. Weil er finanziell äußerst klamm war, nahm A. für die Betreuung der Promotionen gut 180.000 Euro von D. an. Ja, er habe sich strafbar gemacht, sagte der 53-Jährige. Das Geständnis war Teil einer Absprache mit dem Gericht, durch die der Professor den Knast nach drei Jahren verlassen darf.
Teil der Absprache war auch, dass nicht mehr vor Gericht über die Beziehungen zu seinen ehemaligen Studentinnen geredet wird. Der Professor, so viel steht wohl fest, hat außerdem gute Noten gegen körperliche Zuwendungen gegeben. Eine seiner Ex-Studentinnen, angeblich liebt sie den verheirateten Familienvater immer noch, hat unter Tränen wegen eines vom Professor hochfrisierten Scheins 1.800 Euro Geldstrafe kassiert. Das Urteil gegen A. dürfte kommenden Mittwoch gesprochen werden.
Wie es mit dem Promotionsvermittler weitergeht, ist ungewiss. Der bereits vom Gericht avisierte „Deal“ mit D. ist geplatzt: Für ein Geständnis waren ihm 252.000 Euro Geld- und eine Freiheitsstrafe auf Bewährung in Aussicht gestellt worden. Viel Geld, aber pro Promotion hat D.s Firma auch bis zu 20.000 Euro kassiert. Doch nun, sagte sein Anwalt Hans Holtermann am Mittwoch, habe sich die „Geschäftsgrundlage“ geändert.
Am 11. März, wenige Tage nach dem Hildesheimer Deal, hatten Fahnder die Büros des Promotionsvermittlers in Bergisch Gladbach durchsuchen lassen. Es war nicht das erste Mal seit August 2005. Aber der Verdacht der Kölner Staatsanwaltschaft ist neu: Sie vermutet, nicht nur der Jurist aus Hannover sei geschmiert worden, sondern Professoren aus ganz Deutschland. Angeblich hat sie 1.000 Fälle im Visier.
D. nahm den Professor am Mittwoch vor Gericht in Schutz: Der stets korrekt auftretende Lehrstuhlinhaber habe nie den Verdacht erweckt, krumme Dinger zu drehen: „Man kann ihm die Kommunion ohne die notwendige Beichte erteilen“, beschrieb der Promotionsvermittler seinen Eindruck von Professor A.
Lediglich eins wirft sich D. heute vor: Nicht misstrauisch geworden zu sein, als der Professor Honorare auf das Konto seiner Frau überwiesen haben wollte. Auch nicht zu dem Zeitpunkt, als der wegen eines Hauskaufs in die Klemme geratene A. auf Eilüberweisungen bestand. Gerüchte über Liebschaften und Pfändungsbescheide habe der Jura-Professor auf Nachfrage ausgeräumt. Gegen D. soll ab 9. April weiter verhandelt werden.KAI SCHÖNEBERG