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Archiv-Artikel

Jukebox

Immer auch Spaß mit dem Pop in seinen Kolonien

Man wächst doch an seinen Aufgaben, heißt es. Also stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie müssten jetzt für eine internationale Kompilationserie mit den Perlen des Pop eine Platte heraussuchen, die die bundesdeutsche Popproduktion repräsentieren soll. Eine einzige nur.

Geht nicht? Geht doch! Da könnte man aus dem struppig wuchernden Busch ein Ruhmesblatt herauszupfen, eine alte Scheibe von Can etwa oder die Erste von Fehlfarben. Ich aber würde was von F.S.K. vorschlagen, diesem Popforscherkollektiv, das in seiner Musik tatsächlich begrifflich macht, dass es sich bei dem polyglotten Ding Pop eigentlich immer um Übersetzungsverhältnisse handelt, und das hier in Deutschland nicht erst seit Freddy, dessen „Heimweh“ (so schön, schön war die Zeit) vorab bereits als „Memories are made of this“ mit Dean Martin in den Hitparaden stand, während sein deutsches „Heimatlos“ Freddy dann in Englisch und Französisch auch anderswo andiente. Pop in Deutschland: viel Import und ein wenig Export. Das war selbst bei einer scheinbar so urdeutschen Disziplin wie dem deutschen Schlager in den Siebzigern so, man muss nur mal mit den Autorennamen auch das Kleingedruckte auf den Platten lesen. Und wenn F.S.K. in einem ihrer Lieder eben singen, „wenn du einmal in Liebe fällst“ (in „Venus im Pelz # 2“, nur echt mit Velvet-Underground-Gitarrendröhnen samt eingebautem Zitat der deutschen Hymne), dann steckt da beides drin: so eine ganz naive Eins-zu-eins-Übersetzung und gleich dazu das Wissen, dass das nicht nur den deutschen Sprachregeln nach ja gar nicht richtig geht. In Liebe fallen. Was soll das sein? Und macht es trotzdem immer wieder, beim Pop in den Kolonien.

Und so haben F.S.K. auf fast jeder Diskursdisko mitgetanzt, von den Wavetagen der Frühachtziger weg, im unerschütterlichen Schlingerkurs, der sie von zickiger Welle zu Rückübersetzungen von Migrantenpolka aus dem Amerikanischen in seine böhmische Heimat und handgeschabtem Techno mit eingearbeiteter Krautrocktradition bis zu den neuen, wieder liedhafter gefassten Popmoritaten auf dem aktuellen Album führte, für das die Band auch zur alten Schreibweise zurückgekehrt ist: Freiwillige Selbstkontrolle.

Außerdem: So herrlich stumpf swingt sonst keine deutsche Band mehr. Sagen wir mal: immer noch beste Band von Deutschland. Heute spielen F.S.K. beim Buback-Abend in der Volksbühne. THOMAS MAUCH