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Archiv-Artikel

Ungewöhnliche Bündnissuche

Ernst Elitz, Intendant des öffentlich-rechtlichen Deutschlandradios, sucht Verbündete beim Privatfunk – gegen eine digitale Expansion der ARD mit Spartenkanälen

Vor ein paar Wochen im Büro von Jürgen Doetz, dem Präsidenten des Privatfunkverbands VPRT. Das Telefon klingelt. Der Anrufer: Ernst Elitz, Intendant des Deutschlandradios. Der wissen wollte, ob der VPRT weiter fest zu seiner Position stehe, dass die Privatfunker bundesweite Programmangebote der ARD ablehnten. Der Intendant des einzigen öffentlich-rechtlichen Radioveranstalters mit bundesweitem Programmauftrag sucht neue Verbündete gegen seine Intendantenkollegen?

Seit langem haben die ARD-Sender Pläne in der Schublade, bundesweite Spartenradios anzubieten, etwa für Kinder, für Sport und Themen, die nicht unbedingt regionalen Bezug haben. Einzig der Rundfunkstaatsvertrag hindert sie daran. Der schreibt ein Programmvolumen auf dem Stand von 2004 fest. Wenn die ARD neue Programme starten will, muss sie andere einstellen. Und das wird schwierig.

Doch die Strategen denken zukunftsorientiert: Wenn es nun doch noch einmal zu einem großen Knall beim Digitalradio DAB kommen sollte, dann sind sich viele Experten einig: Neue Programme müssen her, gerade Spartenprogramme. Das Erfolgsrezept in England, dem einzigen Land in Europa, in dem DAB einigermaßen funktioniert, beruht in weiten Teilen auf landesweiten Spartenkanälen der BBC, die nur über das Digitalradio zu empfangen sind. Und der notwendige Anschub für DAB könnte die Medienpolitik vielleicht noch einmal bewegen, die Beschränkung der Radioprogramme aufzuheben, so die Denke. Und das bereitet Elitz Sorge.

Sein Deutschlandradio ist das einzige mit zwei bundesweiten Vollprogrammen, das in der analogen UKW-Welt seit Jahren um jede kleine Frequenz kämpft, um bundesweit gehört zu werden. Die ARD-Kollegen sind nicht bereit, auch mal eine reichweitenstarke UKW-Frequenz zu Gunsten des nationalen Informations- oder Kulturprogramms abzugeben. Eine digitale Expansion mit Spartenangeboten könnte dem Deutschlandradio an die Existenz gehen, so die Befürchtungen – was Elitz’ ungewöhnliche Suche nach neuen Bündnispartnern im gegnerischen Lager erklärt. Zu vermuten ist: Die Intendantenkollegen sind „not amused“. JÜRGEN BISCHOFF