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Archiv-Artikel

Der Kabeljau kann wieder hoffen

Mit einer strengeren Verordnung will die EU-Kommission die Fischbestände sichern. Auch die Zahl unbeabsichtigt gefangener Fische soll künftig Kontrollen unterliegen

BRÜSSEL taz ■ Die EU-Kommission nimmt einen neuen Anlauf, um den Kabeljau zu retten. Trotz reduzierter Fangquoten nimmt der Bestand weiter drastisch ab – auch in der Nordsee. Experten fordern schon lange ein absolutes Fangverbot, doch die EU-Kommission kann sich damit politisch gegenüber den Mitgliedsstaaten nicht durchsetzen. Im Dezember 2007 beschloss der Ministerrat, die Quote in der Nordsee 2008 sogar um 11 Prozent anzuheben.

Mit ihrer neuen Verordnung versucht die Kommission, die Mitgliedsstaaten auf Grundprinzipien für nachhaltige Fischerei festzulegen. Da sie Bestandsdaten nur lückenhaft und zögernd nach Brüssel melden, will man sich im Zweifelsfall auf die Daten wissenschaftlicher Agenturen stützen. Und wenn der Bestand unter eine bestimmte Mindestschwelle gesunken ist, wird das entsprechende Mitgliedsland verpflichtet, die „fischereiliche Sterblichkeitsrate“ um 25 Prozent zu verringern.

Hinter diesem technischen Begriff verbergen sich neben der Fangquote alle Fischereiaktivitäten, die für den Kabeljau lebensbedrohlich sind – also auch Beifang, der tot ins Meer geworfen wird und dadurch nicht bei den an Land gebrachten Mengen zu Buche schlägt. Da sich Beifang praktisch nicht kontrollieren lässt, soll die Zahl der erlaubten Tage auf See entsprechend reduziert werden. Jedes Mitgliedsland soll selbst entscheiden dürfen, wie es die ihm zugeteilten Fangtage auf seine Flotte verteilt. „So können zum Beispiel Schiffe mit geringeren Erträgen mehr Fangtage bekommen“, erklärte gestern ein Fischereiexperte der EU-Kommission. Die Aussicht auf mehr Selbstverwaltung soll den Staaten offenbar den strengeren Gesamtrahmen schmackhaft machen.

Carol Phua, Fischereiexpertin des WWF, findet, dass die Vorschläge in die richtige Richtung gehen. Sie kritisiert allerdings, dass die Fangzeit künftig nicht mehr in Stunden, sondern in verbrauchter Motorleistung gemessen wird. Das sei viel schwerer zu kontrollieren. „Der Rechnungshof hat letztes Jahr die mangelhafte Kontrolle der Quoten bemängelt. Das Kontrollproblem wird sich durch die neue Maßeinheit verschärfen“, befürchtet Phua. Denn es sind nicht die zu hohen Quoten, die dem Kabeljau den Garaus machen, sondern die zu großen Fangflotten und die auf See verbrachten Fangtage.

Bei der Reduzierung der Flotten setzt die EU-Kommission auf wirtschaftliche Anreize zur Umschulung und Verschrottung –bisher ohne nennenswerten Erfolg. Solange die Pötte weiter herumfahren und ihre Netze durchs Wasser ziehen, verfangen sich auch Kabeljaus darin. Wenn die Quote erschöpft ist, werden sie eben zurück ins Meer geworfen. Leider sind sie dann meist schon tot. DANIELA WEINGÄRTNER