Kaviarregen über St. Pauli

Die Umstrukturierung St. Paulis betrifft die unterschiedlichsten Menschen. Auf einem politischen Straßenfest soll heute darüber diskutiert und dagegen gefeiert werden

Seit einigen Jahren ändert sich das Gesicht St. Paulis rapide: gläserne Hochhäuser mit Edelgastronomie im Erdgeschoss schießen in den Himmel, ebenso die Mieten. Waffen sind schon verboten, bald soll es auch keinen Alkohol mehr auf der „sündigen Meile“ geben. Überwachungskameras, Sprinkleranlagen gegen Obdachlose und verstärkte Streifen von Polizei und Ordnungsdienst sollen den von Politik und Medien zum „gefährlichen Ort“ erklärten Stadtteil sichern.

Das Gemisch aus gefräßiger Umstrukturierung und „Aufwertung“, aus Eventisierung und Überwachung hat für viele, die hier leben, längst bedrohliche Ausmaße angenommen: Familien und Studierende können sich hier keinen Wohnraum mehr leisten, Hartz IV-EmpfängerInnen bangen, ob ihre Wohnung weiterhin als „angemessen“ gilt, wer draußen, im Wagen oder im Wohnprojekt lebt, muss Angst haben, vertrieben, geräumt und hinausgeschmissen zu werden.

St. Pauli war aber auch immer ein Ort, an dem die BewohnerInnen in die Entwicklung des Stadtteils eingegriffen haben. Die Hafenstraße gilt bis heute als Symbol für Selbstbestimmung und Widerstand gegen Vertreibung. Und auch die Diskussion um Park Fiction macht deutlich, dass die Apologeten der zonierten neoliberalen Imagestadt bisweilen mit dem Engagement von Menschen rechnen müssen, denen ein Leben als ungestörte KonsumentInnen nicht reicht. Genau hier finden deshalb heute unter dem Motto „Es regnet Kaviar!“ ein Demo /Punk-Rave und ein großes Straßenfest gegen Gentrifizierung statt. Organisiert wird es von einem breiten „Aktions-Netzwerk gegen Gentrification“, an dem sich neben politischen Gruppen Projekte wie die Vokü der Hafenstraße und die GWA St. Pauli, Einzelpersonen, Cafés und Kneipen beteiligen.

Los geht es um 12 Uhr mit einem gemeinsamen Essen an der langen Tafel am Pinnasberg. Ob es da Kaviar gibt, wer weiß? Die Gastronomie liegt für kurze Zeit in den Händen der St. Paulianer selbst. Vielleicht bringt ja jemand welchen mit.ROBERT MATTHIES

Sa, 5. 4., 12 Uhr, Bernhard-Nocht-Straße, Hein-Köllisch-Platz, Hafenstraße, Park Fiction; Infos: www.esregnetkaviar.de