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Archiv-Artikel

Kein Senator ohne Daimler

Grüne und SPD wollen die Dienstwagen der bremischen Behörden durch „Car Sharing“ ersetzen. Dass die Senatoren auf ihren Dienst-Daimler verzichten, scheint aber derzeit noch undenkbar

Von KLAUS WOLSCHNER

Wenn am Dienstagvormittag der Senat tagt, ist die kleine Flotte Bremer Dienstwagen vorm Rathaus zu bewundern: Man fährt im Daimler vor. Und die „Chefkraftwagenfahrer“ stehen im Rathaus-Entrée und warten.

Haben die Senatsmitglieder wirklich so weite Wege? „Senator Loske geht zu Fuß zum Rathaus, das sind zehn Minuten“, versichert sein Sprecher. Der Bausenator hat auch einen Dienstwagen, braucht ihn aber eher selten. Das war einmal anders: Amtsvorgänger Ronald-Mike Neumeyer (CDU) fand den mit Erdgas betriebenen Mercedes zu langsam und wechselte deshalb wieder zu einem Diesel.

Bausenator Jens Eckhoff, auch CDU, hatte das Erdgas-Auto eingeführt und auch die PKW-Flotte seines Ressorts halbiert. Seitdem fahren die Mitarbeiter im Zweifelsfall mit der Car Sharing-Firma Cambio, wenn sie nicht gerade ein Spezialfahrzeug brauchen. Auf Initiative der Grünen wird es dazu in dieser Woche eine Bürgerschaftsdebatte geben. Thema: „Einführung von Car Sharing für Behörden, Gesellschaften und öffentliche Einrichtungen“.

Das Thema hat kulturellen Tiefgang, deswegen haben die Koalitionsfraktionen auch zunächst einen „Bericht“ zur Problemlage vom Senat verlangt. Kürzlich wurde der Vertrag des Fahrers von Bürgerschaftspräsident Christian Weber um ein halbes Jahr verlängert, obwohl der über 65 ist und so schlecht sieht, dass er bei Dämmerung nicht mehr fahren darf. Lange Strecken fahre er sowieso lieber mit der Bahn, sagt Weber dazu. Kurze mit dem Fahrrad – bei der Termindichte würde es sicher auch reichen, wenn er sich mit zwei Senatoren einen teilen würde, sagen Spötter.

Einer, der keine Rücksicht mehr nehmen muss, über das Thema zu reden, ist der scheidende Leiter des Gesundheitsamtes Jochen Zenker. „Als ich Anfang der achtziger Jahre ins Amt kann, fand ich da drei Fahrer vor“, erinnert sich Zenker. Alle drei wurden bald nicht mehr gebraucht – Zenker fährt Fahrrad. Zur Not schnappt er sich mal einen Cambio-Wagen, auch das Gesundheitsamt hat einen Vertrag mit der Firma. „Wir waren die ersten“, sagt Zenker. Für Staatsdiener, die dienstlich das Privat-Fahrrad benutzen, gibt es übrigens vier Euro im Monat nach der Verordnung über „Wegstrecken- und Mitnahme-Entschädigung“. Das weiß nur kaum jemand.

Zehn Dienst-Karossen mit Fahrer hat der Senat, und weil Daimler Benz Wert darauf legte, dass die sich Bremer Landesregierung nicht mit BMW repräsentiert, hat sie dem klammen Stadtstaat ein sehr preiswertes Leasing-Angebot gemacht. Würde nicht auch ein „Pool“ reichen, vor allem um Fahrer zu sparen? Wäre es nicht zumutbar, auch mal ein Taxi zu nehmen als einen Fahrer vier Stunden bezahlt warten zu lassen? Früher, erinnert sich der Senior unter Bremens Fahrern, „Chefkraftwagenfahrer“ Dieter Hiller, gab es 17 Berufsfahrer zusätzlich zu den Senatoren-Chauffeuren und einen „Senats-Bus“. Und zwei Personen, die die Dienstpläne der anderen verwalteten. Er war einer von denen. Das ist alles lange her.

An den Zustand ohne Dienstwagen muss man sich erst gewöhnen. Das weiß man in der Baubehörde noch aus der Zeit des forschen Senators Jens Eckhoff. Die Koalitionsfraktionen haben dem Senat bis „Ende 2008“ Zeit gelassen, um in sich zu gehen und an ein Leben ohne Chauffeur zu gewöhnen.