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Archiv-Artikel

Die Rückkehr der Primaner

Schwarz-Grün einigt sich auf eine neue Primarschule. Künftig soll es drei Varianten geben, zwischen denen Lehrer und Eltern wählen können. Die Hauptschule soll abgeschafft werden

Unterm Strich hat sich die GAL durchgesetzt. Die CDU-Spitze muss mit noch mehr bösen Briefe von Gymnasialeltern rechnen

VON KAIJA KUTTER

Das Elternrecht bei der Schulwahl wird künftig auf die erste Klasse vorgezogen. Das ist ein Ergebnis des zwischen GAL und CDU geschlossenen Kompromisses zur Schulstruktur. Statt einer plant Schwarz-Grün gleich drei Varianten der sechsjährigen Grundschule, die künftig „siebenjährige Primarschule“ heißt, da man das Vorschuljahr mitzählt. Eltern sollen dann bei der Anmeldung zur 1. Klasse „zwischen unterschiedlichen Wegen zum gemeinsamen Lernen und bestimmten pädagogischen Profilen (z.B. Fremdsprachen) wählen können“, heißt es in dem Einigungs-Papier, das der taz vorliegt. Ob ein Kind nach der Primarschule aufs Gymnasium kommt, entscheiden die Noten.

Die von der CDU schon in den Sondierungsgesprächen zugesicherte sechsjährige Grundschule stößt auf organisatorische und räumliche Probleme. Auch gibt es Kritik der Gymnasialklientel, der frühe Fremdsprachenunterricht könnte leiden. Schwarz-Grün reagiert darauf mit einem flexiblen Modell. In regionalen „Bildungskonferenzen“ soll vor Ort entschieden werden, welche Variante für welchen Standorte in Frage kommt. Typ eins ist die siebenjährige Primarschule an einem Ort. Typ zwei ist eine in zwei Stufen geteilte Primarschule, bei der die Jahrgänge null bis drei an der alten Grundschule untergebracht sind und die Jahrgangsstufen vier, fünf und sechs am Standort einer Stadtteilschule oder eines Gymnasiums. Diese weiterführenden Schulen sollen zwar mit der Unterstufe kooperieren, die pädagogische Leitung liegt aber bei der Grundschule.

Und schließlich soll es als Typ drei so genannte „Langformen“ geben, bei denen eine Grundschule direkt an eine Stadtteilschule oder an ein Gymnasium angegliedert ist. Schon bisher gab es viele Gesamtschulen, die ihre eigene Grundschule haben, diese will man ihnen nicht nehmen. Für die Gymnasien sind eigene Grundschulen aber ein Novum. Diese sollen sich nicht abschotten dürfen und müssen in Klassenstufe 7 auch Schüler von Außen aufnehmen. Und es sollen in allen 4., 5. und 6. Klassen, egal wo, auch Gymnasiallehrer unterrichten.

Ganz neu geregelt wird das Elternwahlrecht. Bisher gab es die Wahl nach Klasse 4. Künftig beschränkt sich die Wahl auf das „pädagogische Profil“ der Grundschule. Melden sich zu viele Kinder an einer Schule an, soll deren Profil an einer Nachbarschule angeboten werden.

Die neue Primarschule soll von einer Fortbildungsoffensive für Lehrer begleitet werden und zum 1. August 2010 starten. Um Nachteile in der Übergangsphase abzufedern, dürfen Eltern der Einschulungsjahrgänge 2007, 2008 und 2009 nach der dritten Klasse für ihr Kind eine neue Schule wählen.

Das Papier enthält weitere wegweisende Beschlüsse. So soll es schon ab diesem Jahr keine neuen Hauptschulklassen mehr geben. Und wie von der CDU geplant soll es neben Gymnasien nur noch Stadtteilschulen geben. Auch wird es keine getrennte Schulaufsicht für Gymnasien und übrige Schulen mehr geben, um die Zusammenarbeit zu erleichtern.

Die von der GAL ursprünglich favorisierte Vorschulpflicht gibt es nicht, wohl aber ein kostenloses Vorschuljahr in Kita oder Schule. Diese beiden Institutionen sollen ihre Arbeit eng abstimmen, „hierzu können Bildungshäuser eingerichtet werden“, heißt es in dem Skript.

Unterm Strich hat sich die GAL weitgehend durchgesetzt, während die CDU-Spitze mit noch mehr bösen Briefe von Gymnasialeltern rechnen muss. Das veränderte Elternwahlrecht wird in beiden Lagern für Diskussion sorgen. Die Vorsitzende des Elternvereins, Karin Medrow-Struß, sieht es kritisch: „Bestimmte Eltern“, sagt sie, „überlegen künftig schon bei Fünfjährigen: bei welcher Schule habe ich den Fuß in der richtigen Tür.“