lothar matthäus
: Der Sonderschüler

Die ersten Signale waren schon am Freitag zu vernehmen. Lothar Matthäus, derzeit als Sonderschüler an der Sporthochschule Köln auf dem Weg zur Trainerlizenz, verkündete, dass seine Zukunft nicht unbedingt in Deutschland liege. Er sehe sich als „Trainer in Europa“, wurde er von der italienischen Gazetta dello Sport zitiert. Am Wochenende wurde nun vermeldet: Deutschlands Rekordinternationaler wird Trainer in Israel. Lothar Matthäus ist im Juni, wenn er bei Maccabi Netanya als Übungsleiter anfängt, also ganz weit weg von der Bundesliga. Die Fans des Hamburger SV, auch die von Schalke 04, brauchen sich keine Sorgen zu machen. Der Trainer Matthäus bleibt der Bundesliga, bleibt ganz Europa bis auf Weiteres erspart.

Seine merkwürdige Karriere als Coach findet nun also eine überraschende Fortsetzung in Israel. Nachdem er Partizan Belgrad in die Champions League geführt, sich mit der ungarischen Nationalmannschaft in beinahe jedem Spiel blamiert hat, Rapid Wien derart umgekrempelte, dass der Traditionsverein am Saisonende so schlecht dastand wie nie zuvor in seiner Geschichte, beim brasilianischen Klub Atletico Paranaense ein rekordverdächtig kurzes Gastspiel hinlegte und schließlich nicht einmal als Ko-Trainer von Giovanni Trapattoni in Salzburg bis zum Vertragsende durchhielt, will er nun vom Nahen Osten aus auf sich aufmerksam machen.

Natanya ist Tabellenzweiter in Israel. Matthäus soll das Team zum Titel führen. Ob die Bundesliga, ob Europa wirklich nach ihm rufen wird, wenn ihm das gelingt? Beim FC Bayern, bei dem sich Matthäus eigentlich immer ins Gespräch bringt, wenn dort eine Trainerdiskussion geführt wird, gilt der frühere Kapitän und notorische Interna-Ausplauderer immer noch als untragbar. Bayern-Manager Uli Hoeneß konnte es in der ZDF-Sendung „Aktuelles Sportstudio“ jedenfalls nicht lassen, über Matthäus’ Engagement zu kalauern: „Hoffentlich hat die Frau Merkel demnächst nicht so viel Arbeit, die diplomatischen Beziehungen wieder zu verbessern.“ Der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft – als Trainer bleibt er in Deutschland eine Witzfigur.

ANDREAS RÜTTENAUER