Giftspritze weiter legal

Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA sind Hinrichtungen per Injektion nicht verfassungswidrig

BERLIN taz ■ Die Hinrichtung per Giftspritze ist in den USA verfassungsgemäß. Das hat der Oberste Gerichtshof am Mittwoch entschieden. Mit sieben zu zwei Stimmen wiesen die Richter damit eine Klage zweier Todeskandidaten in Kentucky zurück, die darauf gedrungen hatten, die übliche Hinrichtung per Giftspritze gemäß dem achten Verfassungszusatz als „grausam und ungewöhnlich“ zu verbieten. Die US-Bundesstaaten hatten im September 2007 anstehende Hinrichtungen bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ausgesetzt.

Die Klage war eingereicht worden, nachdem Vorkommnisse bei einer ganzen Reihe von Hinrichtungen per Giftspritze Zweifel daran geweckt hatten, dass die zum Tode Verurteilten tatsächlich schmerzfrei sterben.

Die Hinrichtung per Giftspritze wird in den USA seit 1977 praktiziert und hat die einst üblichen Methoden elektrischer Stuhl und Gaskammer inzwischen vollständig abgelöst. Die Abfolge ist immer gleich: An den Armen des festgeschnallten Todeskandidaten werden feste Zugänge gelegt, durch die anschließend drei verschiedene Medikamente injiziert werden. Zuerst soll eine starke Dosis Natriumthiopental zur Betäubung führen, anschließend soll Pancuroniumbromid die steuerbare Muskulatur lähmen – wobei der Gefangene womöglich bei Bewusstsein bleibt. Schließlich führt Kaliumchlorid den Herzstillstand herbei. Insbesondere dieses Medikament jedoch löst starke Schmerzen aus. Auch wenn die Gefangenen augenscheinlich friedlich einschlafen, weiß niemand, ob sie nicht doch furchtbare Schmerzen erleiden – dies wegen der Muskellähmung aber nicht mehr zeigen können.

Die Richter des Obersten Gerichts haben diese Bedenken jetzt verworfen: „Weil ein gewisses Schmerzrisiko selbst bei der humansten Hinrichtungsmethode nicht auszuschließen ist, vielleicht auch nur aufgrund von Fehlern bei der Befolgung des Prozederes, verlangt die Verfassung nicht, dass jeglicher Schmerz vermieden wird.“

Die aufgrund der grausamen Erfahrungen früherer Hinrichtungen – mal wurden die Venen nicht getroffen, mal zirkulierte das Blut wegen zu enger Fesselung nicht – vorgebrachte Sorge, dass die Vorschriften häufig nicht befolgt würden, hielten die Richter nicht für relevant. Jetzt kann wieder landesweit getötet werden. BERND PICKERT