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Archiv-Artikel

Jukebox

Die Welt, zerschlagen in die kleinen Happen

Dass es sich bei der 2. Europäischen Clubnacht am Samstag in Berlin um eine staatstragende Angelegenheit handelt, sieht man schon daran, dass im Vorlauf dazu am Dienstag Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die VJs zum Plausch ins Auswärtige Amt eingeladen hat. Die sollen das Ereignis dann ins besondere Licht setzen. Jeweils in einem Club präsentieren sich die die EU-Mitgliedsländer musikalisch. Derzeit zählt man 27 EU-Länder. Bei der Clubnacht beteiligen sich 34 Clubs. Was ja heißt, dass da politisch noch Erweiterungen drin sind, und so viele Möglichkeiten bei einem Kombiticketpreis von 12 Euro verführen natürlich zum Konzerthopping. „Europa bewegt sich“ lautet das Motto der Veranstaltung. So wie die Jugend früher mit Interrail die Bahnhöfe Europas kennenlernte und heute mit dem Round-The-World-Ticket die Flughäfen der Welt.

Prinzip: alles nicht richtig kennen. Die Welt in Häppchen, als Angebot, zum Schnäppchenpreis. Und das verbindet die Europäische Clubnacht, Interrail und das Round-The-World-Ticket in seiner Grundhaltung mit dem Sampler, also der Kompilation, die in musikalischer Hinsicht ganz bestimmt der eigentliche Sozialisationsagent ist. Heute mit der Downloadpraxis sowieso, die sich im Ergebnis aber nicht wirklich unterscheidet von der Verfertigung der Sampler-Kassetten früherer Teilnehmer am Musikbetrieb. Und in den Regalen liegen die Angebote der Industrie: die Kuschelrock-Zusammenstellungen, die Bravo-Hits, Weihnachtslieder-Kompilationen, Greatest-Hits-Kopplungen und das Beste der Sechziger, Siebziger, Achtziger, Neunziger, um sich auch einen Überblick über die Vergangenheit verschaffen zu können.

Der Sampler: super Mittel der Industrie, in einer Zweitverwertung noch einmal das Geld zu machen. Und die Möglichkeit, mit der gleichen Waffe die Industrie mal kurz herauszufordern, etwa mit den Städtesamplern zu Punk- und Wavetagen, als die versprengten Bands sahen, das man gemeinsam doch etwas stärker am Markt war.

Ganz gewiss braucht man den Sampler, aber wirklich geliebt wird er nicht. Nur selten hat man ihn auch als eigene künstlerische Form aufgefasst, und bei der Frage nach der Musik, die man auf die sagenhafte einsame Insel mitnehmen möchte, kann man sich sicher sein, dass kaum einer einen Sampler im Gepäck hätte.

Dabei garantiert der doch Abwechslung.

Aber das ist eben auch nicht alles. THOMAS MAUCH