ausgehen und rumstehen : Zurück zu den Menschen, im Basso und im Monarch
Menschen, die man kennt, Menschen, deren Namen man kennt, und Menschen, die man nie kennen lernen wird. Insgesamt gefühlte 400. Zwängten sich alle in die immer stickiger werdende Luft in diesem ehemaligen Kostümballsaal, der zur allgemeinen Verwirrung der Berliner Subkultur Basso heißt und nicht Bassy. Zur Erklärung: Das Bassy ist ein Cowboyclub am Pfefferberg. Das Basso ist was Selbstverwaltetes in der Köpenicker. Mit einer stilisierten Portion Fritten über der Bar und einem Origami-Schnitt über der Bühne.
Dominique, die Band von Dominic Eichler, sollte spielen. Der Eintritt war frei, aber darin lag nur die halbe Begründung für diese Ansammlung Menschen, die arty, schwul oder sonst wie subkulturell unterwegs sind in dieser Stadt und sich alle, alle eingefunden haben an diesem Abend, Subprominenz inklusive. Dominic Eichler ist, was ich nicht recht auf dem Schirm hatte, in diesen Kreisen nicht nur wohlbekannt, sondern auch wohlgelitten, nicht nur wegen seiner Musik, sondern auch wegen seiner Schreibe, die er zum Beispiel für das mir bislang noch nicht unter die Augen gekommene Magazin „Frieze“ zur Verfügung stellt.
Publikum also: fast durchgehend dunkel, wenn nicht schwarz gekleidet. Auffällige Anzahl von Schnauzträgern und drolligen Brillen (manchmal auch in einem Gesicht vereint). Altersdurchschnitt gut um die 35. Um einen herum wurde über künftige Modestrecken, nachhaltiges Grün, die Nähe zum Werbetext oder hellblaue Bücher geredet. Draußen im Hinterhof herrschte Schweinekälte, es reichte immer nur für eine knappe Zigarette, drinnen flimmerten schöne selbst gedrehte Musikvideos über die nackten Wände. Gegen zwölf traute sich auch endlich die Band auf die Bühne. Um es kurz zu halten: Sechs Leute, inklusive Cellistin, übten kunstvolle Popmusik aus, hatten aber arg mit dem Sound, der eigenen Nervosität und den nicht immer mitreißenden Songs zu kämpfen. Manchmal erinnerte die Musik an Stereolab. Grundstimmung der Stücke, die auf Textseite zumeist postkoitale Szenarien beschrieben: eher gedämpft. Aber gut. Angemessen müde schwangen wir uns nach dem Konzert vergleichsweise früh in die Hochbahn und gingen nicht noch ins Picknick.
Namen? Keine Namen. Auch am Samstag nicht. Da sollte es ein DJ-Battle geben im West Germany. Frau gegen Mann. Wie gewohnt war da aber um halb zwölf noch nichts los, also rüber in den Monarch, wo es erstaunlich erfrischend und angenehm war und erst späterhin voll. Ein guter DJ ließ ein avanciertes Konsensprogramm laufen, jedes dritte Stück zum Mitsingen, getanzt wurde auch, nur leider nicht von uns. Später gab es einen Taschendieb, der auch gleich gefasst wurde (Beute: ein Handy), und eine kleine Rangelei, die aber nicht weiter auffiel. Der Monarch könnte ein rundum prima Laden sein, einen Kicker hat’s nämlich auch, sogar die Bedienungen sind aufgeschlossen und freuen sich über Trinkgeld, und die Tür ist vergleichsweise billig („Ein Euro! Viel Spaß!“). Wenn da nicht die aus alten Undergroundzeiten bekannte Fehlpolitik in Sachen Sanitärleistung wäre. Die Männertoiletten sind nicht auszuhalten! Klein, eng, versifft, nicht abschließbar. Bitte ändern.
Zurück zu den Menschen. Zu den Menschen, die man kennt, und den Menschen, die man näher kennen lernen möchte. Mit einer Wandlampe im Gesicht und einem Zucken in den Lungen. Menschen mit klugen Mündern und schönen Gedanken. Immer sieht man sie mit Getränken. Ja, sie tranken schon wieder. Das muss wohl so sein.
RENÉ HAMANN