: 40 Euro aufwärts
Die Bremer Friseure Stefan Hagens und Rainer Kaemena haben den „Global Salon Business Award“ gewonnen – weil sie nicht nur schneiden können sondern auch wissen, wie man eindrucksvoll Haare wäscht und eine 1a-Buchhaltung aussieht
„Wenn ich wieder geboren werde, werde ich Frisör“, sagt Stefan Hagens. Man glaubt es dem 39-Jährigen nicht nur wegen seiner vor Begeisterung funkelnden Augen oder der eigenen Katalog-reifen Frisur. Sondern auch, weil die reinkarnatorische Absicht quasi empirisch belegt ist: Hagens ist Friseur in fünfter Generation. Und jetzt hat er, zusammen mit seinem „Hairliners“-Partner Rainer Kaemena, den „Global Salon Business Award“ gewonnen: „Das ist die höchste Auszeichnung, die man in unserem Job bekommen kann.“
Haben also auch Friseure so etwas wie einen Nobelpreis? „Wir sagen lieber ,Oscar‘ dazu“, präzisiert Kaemena. In der Tat ist die Frisör-Auszeichnung ebenso undotiert wie die Film-Ehrung, gewürdigt werden Unternehmen, „die das grenzenlose Wachstum der Schönheitssalonbranche auf globaler Grundlage ermöglichen.“ So steht es in den Statuten. 2008 waren fast 7.000 KandidatInnen in der Auswahl. Dabei gilt: „Da kann sich nicht jeder Friseur bewerben“, betont Kaemena im Rahmen eines Pressefrühstücks. Bei den „Hairliners“ sieht es in der Tat nicht aus wie bei irgendeinem Friseur am Eck, sondern edel und unaufdringlich zugleich. Ab 40 Euro ist man als Kunde dabei.
Die 26-köpfige Jury bekommt Vorschläge aus Schönheits-Industrie und der Fachpresse vorgelegt, im Fall von „Hairliners“ waren das L’Oreal, der Haarfärberiese Redken sowie Top Hair, Europas führendes Frisör-Magazin. Kriterium ist dabei keineswegs die kreativste Haarbehandlung oder ähnlicher ästhetischer Schnickschnack, sondern knallharte Fakten – ohne buchhalterische Meriten geht auch in Hollywood nichts. Sechzig Prozent der italienischen Award-Aspiranten seien allein deswegen aus dem Rennen geflogen, weil sie aus Angst vor ihrer Guardia di Finanza keine Bilanzen eingereicht hätten, weiß Hagens zu berichten.
„Hairliners“ hat natürlich nichts zu verstecken, im Gegenteil: Neben dem betriebswirtschaftlichen sei auch das Marketing- und insbesondere das Ausbildungskonzept preiswürdig, betonen die Geschäftsführer, die auch selbst gern noch Hand an die Köpfe ihrer Kunden legen. Die 14 Azubis in den insgesamt drei Filialen würden so konsequent wie sonst nirgends ins „System des Haareschneidens“ eingeweiht, zweimal im Jahr komme gar ein „Persönlichkeitsentwickler“ zwecks Schulung des gesamten Teams vorbei.
„Wir verkaufen eben ein Erlebnis“, sagt Kaemena, das beginne bereits mit dem Haarewaschen. Man zelebriert es in einem leicht abgedunkelten Raum, Aug’ in Aug’ mit allerlei Tiefseefischen. Bremen ist in Sachen Haareschneiden eben kein beliebiger Fleck auf der Landkarte. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen der hiesige Frisör-Ball als Topereignis des Jahres galt, aber Bremen hat immer noch die bundesweit höchste Haarschneiderdichte – ein statistisch belegtes, aber soziologisch bislang unerklärtes Phänomen.
Am 8. Juni wird die Trophäe durch Arnold Schwarzenegger in Hollywood überreicht. Auch Radio Bremen will es sich nicht nehmen lassen, über das große Event zu berichten, allerdings in einer eher kostengünstigen Variante: Die beiden Winner bekommen vom Sender eine Kamera gestellt, mit der sie sich in L. A. gegenseitig filmen sollen. Irgendwie sind Friseure eben immer noch die Stars von nebenan. HENNING BLEYL