: Kein Vertrauen in Spitzeldienst
Angela Merkel distanziert sich von BND-Chef Uhrlau. Eine Sonderprüfung soll nun klären, warum der BND über Monate eine „Spiegel“-Reporterin überwachen ließ
BERLIN ap ■ Das Bundeskanzleramt hat personelle Konsequenzen aus der BND-Affäre um die Bespitzelung einer Spiegel-Reporterin gezogen: Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, wurde angewiesen, seinen Stabsleiter, den verantwortlichen Abteilungsleiter und einen weiteren Beamten aus dem Führungsstab sofort zu versetzen.
Zudem wurden disziplinarische Ermittlungsverfahren gegen die drei Mitarbeiter eingeleitet. Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ erklären, dass ihr Vertrauen zur BND-Führung gestört sei. Es liege nun an beiden Seiten, dieses Vertrauen wieder herzustellen, sagte ihr Sprecher Ulrich Wilhelm.
Der Bundesnachrichtendienst hatte 2006 die E-Mail-Korrespondenz der Spiegel-Korrespondentin Susanne Koelbl mit einem afghanischen Politiker sechs Monate lang überwacht. Als die Affäre aufflog, entschuldigte sich Uhrlau bei der Journalistin. Am Donnerstag dann stand er dem Parlamentarischen Kontrollgremium zwei Stunden lang Rede und Antwort.
Die Abgeordneten missbilligten das Vorgehen des BND. Sie erklärten, dass das Vertrauensverhältnis gestört sei – eine Einschätzung, hinter die sich auch Merkel gestellt hat.
Neben den personellen Konsequenzen will das Kanzleramt nun eine „Prüfgruppe“ in die für die Affäre verantwortliche Abteilung entsenden, „um die dortigen Verfahrensabläufe intensiv zu kontrollieren“, so Wilhelm. Zurückhaltend reagierte die Bundesregierung auf die Proteste des betroffenen afghanischen Handelsministers Amin Farhang.
Wilhelm gab keine klare Antwort auf die Frage, ob eine Entschuldigung bei Farhang geplant sei. Dazu fehle ihm der Einblick in die „operativen Erwägungen“ des BND im Zusammenhang mit der Affäre.
Laut dem Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Jäger, habe die afghanische Regierung nicht förmlich protestiert. Außenminister Frank-Walter Steinmeier werde am Wochenende mit seinem afghanischen Amtskollegen Rangin Dadfar Spanta sprechen.
Farhang hatte auf die gegen ihn gerichteten Abhörmaßnahmen des BND empört reagiert. Er wies zudem aufs Schärfste etwaige unterschwellige Vorwürfe zurück, er kooperiere mit den radikalislamischen Taliban. „Durch diese absurde Lüge, ich sei eine Art Doppelagent, ist mein Leben und das meiner Familie in größter Gefahr“, sagte Farhang der Neuen Osnabrücker Zeitung. Dieser Rufmord und die Abhörmaßnahmen seien „ein beispielloser Skandal“.