: Castoren sind keine Autos
Nachdem der Transport 2009 abgesagt worden ist, fordert der Atommüll-Experte Wolfgang Neumann Crashtests mit Castor-Modellen im Original-Maßstab. Grüne und Initiativen sind für sofortigen Stopp aller Transporte ins Wendland
„Das bestätigt unsere Kritik der letzten Jahrzehnte“, sagt Wolfgang Neumann. Die Absage des Castor-Transports 2009, die das Bundesumweltministerium am Dienstag bestätigte, gleicht für den Physiker vom Beratungsbüro „Gruppe Ökologie“ in Hannover einem Lob für seine Arbeit.
Seit Mitte der 80er Jahre begleitet Neumann im Auftrag von Bürgerinitiativen Genehmigungen von und Prozesse gegen Atommülltransporte in Deutschland. Während im Herbst 2008 nach einer Pause wieder ein Zug mit Castor-Behältern von der Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague ins Zwischenlager in Gorleben rollen soll, wird der Transport 2009 ausfallen. Grund sind Verzögerungen bei der Zulassung der deutschen Transportbehälter, aber auch bei der Planung ihrer Beladung in Frankreich.
„Lange sind unsere Forderungen als Unsinn abgetan worden“, sagt Neumann. Nun hat auch die für die Zulassung der Castor-Behälter zuständige Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) „Defizite des Antragsstellers bei grundlegenden Fragestellungen“ ausgemacht – und die verhindern die rechtzeitige Genehmigung der neuen Behälter vom Typ HAW 28 M. Immerhin, sagt Neumann, sei die BAM inzwischen kritischer geworden.
Dennoch würden immer noch nicht die Sicherheitsstandards der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO erfüllt. Dazu gehören Falltests mit Castoren in Originalgröße aus neun Metern Höhe und Feuerproben, bei denen die Behälter 1.800 Grad Hitze unbeschadet überstehen müssen. Bei den nun beanstandeten Castoren habe es nur Crashtests mit Modellen im Maßstab 1 : 2 gegeben, sagt Neumann. Bei den bereits zugelassenen französischen Behältern vom Typ TN 85, mit denen der Strahlenmüll 2008 nach Gorleben gebracht werden soll, seien nur Modelle im Maßstab 1 : 3 benutzt worden. „Bei jedem Auto“, sagt Neumann, „werden Tests mit maßstabsgetreuen Modellen gemacht.“
Neben Bürgerinitiativen forderten am Dienstag auch die niedersächsischen Grünen einen sofortigen Stopp aller Transporte ins Wendland. Die seit langem geäußerte Kritik an den Genehmigungskriterien und den Tests sei „mehr als berechtigt“, sagte Fraktionschef Stefan Wenzel. Ohne Versuche an Originalbehältern dürfe es keine Genehmigung geben. „Mit Atommüll darf nicht wie mit normaler Technik hantiert werden. Das Prinzip von Versuch und Irrtum wird hierbei zu einer tödlichen Methode.“ KAI SCHÖNEBERG
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