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Archiv-Artikel

Der Mini-Duce von Rom

„Ich bitte euch, vermeiden wir Exzesse.“ Gianni Alemanno, gerade zum Bürgermeister Roms gewählt, hatte am Montagabend auf dem Kapitolsplatz erst mal die „Kameraden“ im Zaum zu halten, die da im schwarzen Hemd und mit römischem Gruß ihren Triumph auskosteten. Und was für ein Triumph: Nach 15 Jahren linker Stadtregierung war es Alemanno gelungen, Rom für die Rechte zu erobern, gegen Francesco Rutelli, ein nationales Schwergewicht der gemäßigt linken Demokratischen Partei.

Und gegen Walter Veltroni, Chef der Demokraten, der in den letzten sieben Jahren Roms Bürgermeister war. Vor der Stichwahl hatten Rutelli und Veltroni die Bürger eindringlich gewarnt; schließlich hatte das Berlusconi-Lager nicht irgendeinen Konservativen ins Rennen geschickt, sondern einen Politiker, der das Geschäft von der Pike auf bei den Faschisten gelernt hatte.

In Rom war der 50-jährige Alemanno schon in den späten Siebzigern stadtbekannt – als einer, der sich bei Schlägereien mit den „Roten“ nie drückte. Schnell stieg er im Jugendverband der faschistischen Partei MSI auf; während der damalige Jugendchef Gianfranco Fini den Ruf des feigen Funktionärs hatte, war Alemanno ein Straßenkämpfer, der mehrmals in Untersuchungshaft landete, einmal wegen eines Überfalls auf einen Linken, dann wegen eines Molotowcocktails gegen die sowjetische Botschaft, und zuletzt, im Jahr 1989, wegen einer Protestdemonstration gegen George Bush senior, als der damalige US-Präsident in Italien einen amerikanischen Soldatenfriedhof besuchen wollte.

Auch privat blieb Alemanno immer „Camerata“, heiratete Isabella Rauti, Tochter Pino Rautis, des prominentesten Exponenten eines „sozialen“ Faschismus in Italien. Es waren alte Freunde genauso wie junge Anhänger, die Alemanno am Montag mit „Duce, Duce“-Rufen feiern wollten. Doch auf eine solche Ehrung legt Alemanno keinen Wert, wenigstens nicht in der Öffentlichkeit. Schließlich hat er in den 90ern die Wende weg vom Faschismus mitgetragen, die Parteichef Fini dem nun in Alleanza Nazionale umgetauften MSI verordnete. Immer noch trägt Alemanno zwar das faschistische Keltenkreuz unter dem Hemd – aber bloß als Erinnerung an einen Kameraden, der 1983 von Linken in Rom erschlagen wurde.

Ansonsten gibt er sich seriös; „Allen Römern“ hat er im Wahlkampf versprochen, die Stadt von ausländischem Gesocks, von Zigeunern und Rumänen, zu säubern; „Historisch“ nannte Alemanno seinen Sieg, und wer will ihm widersprechen: Am 28. April jährte sich zum 63. Mal der Todestag Mussolinis – genau an diesem Tag eroberte Alemanno den Kapitolspalast.

MICHAEL BRAUN