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Archiv-Artikel

Mehr Schweinswale in Sicht

In den Unterläufen der großen Flüsse im Norden ist die einzige heimische Walart wieder häufiger zu sehen. Dass der Bestand größer geworden ist, bezweifeln Tierschützer allerdings: Die Meeressäuger seien weiter bedroht

In norddeutschen Flüssen werden wieder mehr Schweinswale gesichtet. Das sagte Denise Wenger von der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GDR) der dpa. Die genauen Gründe seien aber wegen „der dünnen Datenlage“ nicht bekannt. Wenger vermutet, dass die Überfischung bestimmter Arten die Schweinswale dazu verleite, Fischen zu deren Laichgebieten in den Flüssen zu folgen. Auch könne der Klimawandel eine Rolle spielen, „wenn sich etwa Meeresströmungen verändern oder erwärmen und sich auf das Fischvorkommen auswirken“, sagte sie.

Die Meeresbiologin Petra Deimer von der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM) im schleswig-holsteinischen Quickborn ist skeptisch. Es würden wegen höherer Sensibilität für den Walschutz allgemein mehr Sichtungen gemeldet, glaubt sie. Die GSM selbst ruft alljährlich Segler auf, gesichtete Schweinswale zu melden. Die Zahlen für 2007 sollen in der nächsten Woche auf einer Pressekonferenz in Hamburg veröffentlicht werden.

Deimer geht nach vorläufiger Auswertung der Unterlagen davon aus, dass in der Ostsee weniger als 6.000 der kleinen Delphine leben; etwa 36.000 seien es in Kattegat und Skagerrak. In der Nordsee wird der Bestand auf 170.000 Säuger geschätzt. Speziell in der Ostsee sei die einzige heimische Walart weiterhin vom Aussterben bedroht, sagt Deimer. 2007 wurden 173 tote Schweinswale an den Küsten des Binnenmeeres angeschwemmt, doppelt so viele wie 2006.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren die etwa 1,50 Meter langen Schweinswale in den Unterläufen der großen Nordseeflüsse Elbe, Weser, Ems und Eider ebenso selbstverständlich vor wie in der Ostsee in Trave, Peene und Oder. Wasserverschmutzung, Unterwasserlärm sowie die Überfischung haben die Bestände erheblich reduziert. Die häufigste Todesursache aber sind die Kunststoffnetze der Fischindustrie, welche die Säuger mit ihrem Sonarsystem nicht orten können. Sie verfangen sich in den Maschen und ertrinken.

Zwar existieren diverse Schutzmaßnahmen und Rettungspläne. Es mangele aber, sagt Ingo Ludwichowski vom Nabu Schleswig-Holstein, „wie so oft an Umsetzung und Kontrolle“. SVEN-MICHAEL VEIT