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Archiv-Artikel

WOCHENÜBERSICHT: LAUTSPRECHER Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Heute wird im Kulturhaus Mitte schwere Theorie gewälzt, wenn auch anhand praktischer Beispielen. Aufgrund der Erfahrungen mit der russischen und der algerischen Revolution und mithilfe der Theorien von Marx, Engels und Lenin fragen Elfriede Müller und Titus Engelschall nach dem „Dilemma sozialrevolutionärer Gewalt“. Ist es so, dass es zwingend Gewalt braucht, um die soziale Revolution durchzusetzen? Sind die Geiselerschießung der Pariser Kommune oder das Hinmetzeln der Matrosen von Kronstadt okay, wenn es ums große Ganze geht? Wir sind auf die Fragen und Antworten gespannt. Zeitgleich wird im Blauen Salon des Mehringhofs zum ersten Mal zu einem „Offenen Diskussionszyklus Kommunistische Dissidenz“ geladen, in dem es sowohl um das Für und Wider des Bolschewismus geht als auch um andere Formen des Staatskommunismus. Für die kommenden Monate sind weitere dieser Treffen geplant, im Internet findet sich sogar ein Reader. Am Freitag wird, korrekt dem russischen Kalender folgend, der Befreiung vom Nationalsozialismus gedacht. Auf dem Boxhagener Platz gibt es eine Kundgebung mit Bands, die „anstelle der Walpurgisnacht“ dort stattfindet, was schon merkwürdig ist, noch merkwürdiger ist, dass der Tag der Befreiung hier vor allem der Lokalpolitik dient: „Friedrichshain muss ,No Go Area‘ für Nazis werden!“ Hieß es nicht früher, die ganze Welt solle ,No Go Area‘ für Nazis werden? Nein, heute muss nur der Kiez um den U-Bahnhof Samariterstraße geschützt werden. Manchen Leuten ist ihr Arsch eben näher als ihr Kopf. Später, am Treptower Hafen, wird die endgültige und bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht unter dem Motto „Hitler kaputt“ gemeinsam mit ZeitzeugInnen aus Deutschland und Russland gefeiert. Das ist doch etwas besser als Punk und Bier und feiner Kiez.

Gewalt: Kulturhaus Mitte, Auguststraße 21, Mo., 19.30 Uhr

Dissidenz: Mehringhof, Gneisenaustraße 2a, Mo., 19.30 Uhr

No Go: Boxhagener Platz, Fr., 14 Uhr

Befreiung: Parkplatz am Rosengarten, Fr., 15 Uhr