: Frauenpolitische Arbeit wird schwieriger
Kontinuierlich werden in Niedersachsen seit Jahren Stellen für Gleichstellungsbeauftragte gestrichen. Das Sozialministerium hält Frauenbelange trotzdem für nicht vernachlässigt und will sich zu den Zahlen nicht äußern
In Niedersachsen gibt es nach Angaben der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros Niedersachsen (Lag) heute 30 Prozent weniger Gleichstellungsbeauftragte als noch 2003. Das Land beschäftige mittlerweile nur noch 125 Menschen, die sich hauptberuflich für die Gleichstellung von Männern und Frauen einsetzen. Nach Lag-Angaben sanken die Zahlen kontinuierlich, nachdem die CDU/FDP-Regierung 2005 die Gemeindeordnung änderte. Seitdem müssen Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern keine hauptamtlichen Beauftragten mehr beschäftigen.
Thomas Spieker, Sprecher des Sozialministeriums, hält die Zahlen für fiktiv und hat nicht den Eindruck, „dass die Belange der Frauen in den letzten Jahren gelitten hätten“. Das Ministerium befragt momentan die Kommunen, welche Veränderungen das Gesetz von 2005 bewirkt habe. Ergebnisse gäbe es Ende des Sommers. Davor will sich Spieker nicht weiter zu den Zahlen äußern.
Dorothea Diestelmeier, Koordinatorin der Lag, sieht den Stellenschwund in ihrem Arbeitsalltag: „Viele Gleichstellungsbeauftragte arbeiten nur noch ehrenamtlich.“ Aber selbst die hauptberuflich Tätigen könnten sich kaum noch um die Belange der Frauen kümmern, sagt Ursula Helmhold, frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. Die Kommunen würden ihnen noch zusätzliche Aufgaben wie Familienservice oder Altenpflege aufbürden. „Das scharfe Schwert ist weg“, sagt sie. Vor der Gesetzesänderung 2005 hätten die Frauenbeauftragten völlig unabhängig arbeiten können. Sie hätten innerhalb der Verwaltung und auch im Alltag der Frauen vor Ort gewirkt. Für sie ist es „eine Katastrophe“, dass diese verantwortungsvollen Aufgaben nun ehrenamtlich erfüllt werden müssen. „Das kann man nur mit Frauen machen.“
Brigitte Vollmer-Schubert, Frauenbeauftragte der Stadt Hannover und Lag-Sprecherin, sagt: „Da, wo die Stellen abgeschafft wurden, passiert heute viel weniger.“ Die vielen Aufgaben könnten ehrenamtlich oder nebenberuflich kaum erfüllt werden. Gleichstellungsbeauftragte setzen sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, für die Integration von Migrantinnen und gegen Gewalt gegen Frauen.
Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Helmhold, sieht im Abbau der Stellen ein Zeichen dafür, dass frauenpolitische Arbeit nicht ernst genommen wird: „Es ist nicht so, als ob wir diese Stellen nicht mehr bräuchten. Frauen werden noch immer diskriminiert, allerdings subtiler als früher.“ ELISABETH WEYDT