: Politische Ritardandi, ungebremste Musik
Trotz eklatanter Vertrags-Verzögerungen planen die Bremer Philharmoniker ein pralles Programm 2008/09
Seit der Umwandlung des „Staatsorchesters“ in die „Bremer Philharmoniker“ gab es einen Abo-Zuwachs von 72 Prozent. Vor sieben Jahren war das Orchester in ein Beteiligungsmodell überführt worden, bei dem die privaten Gesellschafter – unter ihnen die MusikerInnen selbst – die Mehrheit haben. Mit der seither verstärkten Nachwuchsarbeit erreiche man jährlich 10.000 Kinder und Jugendliche, sagte Intendant Christian Kötter-Lixfeld gestern bei der Vorstellung der 370 Veranstaltungen starken Saison 2008/09.
Andere Zahlen sind unerfreulicher: Bereits mit der Spielzeit 2006/07 ist der Fünfjahresvertrag über den städtischen Zuschuss ausgelaufen. Über die Nachfolgevereinbarung wird seit drei Jahren verhandelt – bis zum Sommer, sagt die mittlerweile zuständige Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD), soll sie in trockenen Tüchern sein. Und die Lücke zwischen den Verträgen? „Die neue Vereinbarung wird rückwirkende Gültigkeit haben“, ist Emigholz‘ – kameralistisch offenbar unbedenkliche – Antwort.
Dann soll es auch Klarheit über die berufliche Zukunft von Bremens Generalmusikdirektor Markus Poschner geben. Bei seinem Amtsantritt 2007 musste er sich mit einem zweijährigen Kontrakt begnügen, eine Folge des fehlenden Philharmoniker-Vertrages. Bislang lag der Zuschuss bei 6,4 Millionen Euro, „diesmal muss es mehr werden“, sagt Kötter-Lixfeld. Das hatte ihm 2006 sogar des Landesrechnungshof bestätigt, sonst gerate das Orchester wegen seiner Personalkosten „in eine existenzbedrohende Situation“.
Inhaltlich setzt das Orchester weiterhin auf das große romantische Repertoire. Mit „phil intensiv“ führt Poschner ein neues Veranstaltungsformat ein, das „noch krassere Programmierungen“ erlaube. Ende Februar ist vier Tage lang Brahms zu hören, jeweils in erhellenden Kontexten: etwa Brahms erste Symphonie in Auseinandersetzung mit Haydns letzter, um die Entwicklung der Gattung zu verdeutlichen. Eröffnet wird die Saison am 6. Oktober mit dem estnischen Zeitgenossen Erkki-Sven Tüür. Henning Bleyl