: Keine Lieder über Liebe
In diesem Sommer muss Hamburg ohne kostenloses Freiluft-Kino und Rockspektakel auskommen. Mit ihrem neuen Konzept für die Nutzung des Rathausmarktes will die Stadt flexibler werden
VON ELISABETH WEYDT
Das Freiluft-Kino auf dem Rathausmarkt ist eine Institution: Sogar aus dem Ausland würden ihn die Leute anrufen, um nach den Terminen zu fragen und ihre Reise nach Hamburg entsprechend zu planen, sagt Martin Aust, Geschäftsführer des Metropolis-Kinos und als solcher Verantwortlich für das alljährliche Spektakel. Alljährlich? 2008 soll es das Umsonst-und-draußen-Ereignis nicht mehr geben: Die Senatskanzlei hat keine Genehmigung erteilt – zum ersten Mal in 20 Jahren.
Aust ist empört: „Das kann ich nicht akzeptieren.“ Er hat Widerspruch eingelegt und hofft, dass die Leinwand dennoch wieder vor dem Rathaus leuchtet. „Hallam Foe“ hätte am 22. Mai das Freiluft-Kino eröffnen sollen, das dann zehn Abende lang Filme gezeigt hätte. Auch das Rockspektakel vom 22. bis 24. August erhielt eine Absage. Auch so eine feste Größe im Hamburger Terminkalender – und seit 20 Jahren bei freiem Eintritt.
„Da heißt es jetzt natürlich, es wird nur gestrichen, weil es kostenlos ist“, sagt Senatssprecher Christoph Otto – immerhin findet etwa das Stuttgarter Weindorf auch in diesem Jahr statt. Tatsächlicher Grund sei aber das neue Nutzungskonzept für den Rathausmarkt. Dieses sehe vor, auf dem Platz innerhalb eines Jahres nur noch vier Monate lang Veranstaltungen laufen zu lassen. Bisher waren es fünf. „Wir haben uns überlegt, ob wir ständig Jahrmarkt wollen oder die Fläche eher zur freien Nutzung zur Verfügung stellen“, sagt Otto. „Wir haben uns gegen Jahrmarkt entschieden.“
Ein weiterer Aspekt im neuen Konzept sieht demnach vor, dass die Veranstaltungen nicht alle Jahre wiederkehren sollen: „Wir wollen flexibel sein und auch innovative Alternativen bieten können“, sagt Otto. Dass dem nun ausgerechnet zwei Gratis-Veranstaltungen zum Opfer fallen, habe nichts mit einer Politik für großen Geldbeutel zu tun, betont der Senatssprecher.
Aust hält diese Begründung für „fadenscheinig“: Es gebe dieses Jahr etliche andere Ereignisse, die seit Jahren immer wieder stattfänden – „ja, wenn man so will: auch der Weihnachtsmarkt“. Er könne sich die Ablehnung seines Antrags nicht erklären: „Wir verfolgen kein kommerzielles Interesse und haben bei gutem Wetter bis zu 80.000 Besucher“, sagt der Kino-Mann. „Wir gehören zur Marke Hamburg.“
In der Tat herrscht bei den Stadtvermarktern der Hamburg Tourismus GmbH Bedauern über die Rathaus-Entscheidung: „Wir finden es sehr schade“, erklärt eine Sprecherin auf taz-Anfrage und spricht von „attraktiven Sommerevents – auch für Besucher“. Auch beim Bezirksamt Mitte, das den Rathausplatz verwaltet, schließt man sich dieser Meinung an: „Natürlich muss man nicht immer die gleiche Leier haben“, sagt ein Sprecher, „aber es ist schade für die Kino- und Rock-Freunde.“
In der Kulturbehörde, die das Freiluft-Kino jährlich mit 25.000 Euro unterstützte, möchte sich niemand äußern. Ihr Sprecher verweist auf seinen Kollegen beim Senat und schweigt ansonsten beredt: „Was ich dazu sagen kann ist, dass wir von dem neuen Konzept wussten.“
Aust, der schon eine fünfstellige Summe in die Vorbereitung des Ereignisses investiert haben will, sagt, er habe nichts gewusst. Die Entscheidung vom Mittwoch sei völlig überraschend über ihn hereingebrochen: „Da hätte man doch mal in Dialog treten können.“
Er hat nun den Widerspruchsausschuss angerufen, in dem unabhängige Juristen prüfen sollen, ob die Ablehnung des Antrags ausreichend begründet ist. Kann dem Widerspruch nicht abgeholfen werden, bleibt Aust der Gang vor das Verwaltungsgericht. Er würde aber eine einvernehmliche Lösung vorziehen – und ist zuversichtlich: „Ich gehe davon aus, dass das Freiluft-Kino auch dieses Jahr stattfindet.“