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Archiv-Artikel

Zweckverband Kreativität

Im Alten Zollamt Hansator treffen sich die, die sich als Motoren der Überseestadt-Entwicklung begreifen. Selbstbewusst fordern sie Förderung für geplantes „Zentrum für die Kreativwirtschaft“

Dort müssen Veranstaltungen ihren Platz haben und ,Kreative‘ ohne Loftbüro

VON CHRISTIAN JAKOB

So sieht aus, wer sich für einen Motor hält: 20 bis 40 Jahre alt, überdurchschnittlich gebildet, meist männlich, angereist in Mercedes-Geländewagen oder auf klapprigen Fahrrädern, gekleidet von leicht abgerissen bis Agenturchef-chic, ihrem Selbstverständnis nach alle „Kreative“. Und weil es eine prekäre Angelegenheit sein kann, als solcher zu leben, fanden sich 40 von ihnen am vergangenen Donnerstag im Alten Zollamt Hansator ein, um das Konzept für ein „Zentrum für die Kreativwirtschaft in Bremen“ an eben diesem Ort zu entwerfen.

Das Autonome Architektur-Atelier (AAA), die Hochschule für Künste (HfK) und die Bremer Investitionsgesellschaft hatten geladen. Ein von letzterer verfasstes Positionspapier regte an, wohin die Debatte zielen möge: „Kultur und Kreativität gelten inzwischen als wichtige Standortfaktoren im internationalen Innovationswettbewerb.“ In den Arbeitsgruppen sah man dies ähnlich: „Wir sind ein Motor für die Entwicklung der Überseestadt“, fand einer, dass sei „ein ziemlich starkes Argument“.

Ein Argument dafür nämlich, dass die Stadt das neue Kreativen-Zentrum in Sichtweite der Hochschule für Künste und der vielen Loftbüros der Werbeagenturen in der Überseestadt zu fördern habe. „Die haben hier schon so viel Geld verbuddelt, dass sie nicht mehr zurück können“, meinte ein anderer.

Man war sich einig: Es würde sich um eine Win-Win-Situation handeln. Die auf dem Kongress formulierten Bedürfnisse der freien Designer und Kulturschaffenden nach „unbürokratischer Nutzung von Räumen“, „Infrastruktur“, „Netzwerkbildung“ und – vor allem natürlich – Projektförderung kämen der Stadt unmittelbar zu Gute: „Wir würden ein Leuchtturm sein“, in einer Zukunftsbranche zudem. Bremen soll in seiner Außenwahrnehmung künftig „mit Design gleichgesetzt werden, das ist mein Interesse“, sagte ein Grafiker.

Sie rennen – vielleicht – offene Türen ein. Die Hochschule für Künste treibt das Problem um, dass ihre hier teuer ausgebildeten Absolventen der Stadt nach dem Studium oft den Rücken kehren und andernorts ihren Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Eine ganze Reihe der am Donnerstag skizzierten „Visionen“ hatten im Blick, diesen Brain-Drain mit Hilfe der Instrumente eines Gründerzentrums klassischen Zuschnitts zu stoppen. Anderen schwebt anderes vor. „Es wäre schade, wenn man nur auf die Absolventen schauen würde“, sagt Daniel Schnieder vom „Autonomen Architektur-Atelier“, das sich mit der Zwischennutzung des Hansator-Komplexes befasst.

Aufgabe dieses Ortes müsse es vor allem sein, den ausstehenden Brückenschlag nach Walle zu vollziehen. „Man muss die lokalen Bewohner in das Quartier integrieren.“ Das AAA plädiert deshalb für eine gemischte Nutzung des Gebäudes. „Dort müssen Veranstaltungen ihren Platz haben und eben auch ,Kreative‘, die kein Loftbüro anmieten können, aber auch nicht immer in ihrer Bude sitzen wollen“, sagt Schnieder.

Den Beispielen anderer europäischer Städte folgend, könne auf diese Weise ein „sozialer Anlaufpunkt an der Schnittstelle zwischen Walle und der Überseestadt von klein auf wachsen“, hofft er. Auch das wäre „eine Chance für Bremen“.