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Archiv-Artikel

Ohne Rücksicht auf das Ergebnis

Bis Ende der Woche soll über den Abriss des Sendesaals entschieden werden. Der allerdings wäre noch längst keine Garantie dafür, dass Radio Bremen sein Geld für den Verkauf tatsächlich bekommt

Von Henning Bleyl

Bauunternehmer Klaus Hübotter arbeitet „unverdrossen an einer allgemein befriedigenden Lösung“ für die Nachnutzung der Hörfunkgebäude an der Spitta-Allee. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) hatte Hübotter Anfang des Jahres gebeten, ein tragfähiges Konzept insbesondere zum Erhalt des für seine Akustik berühmten Sendesaals zu erarbeiten. Jetzt aber drängen die Investoren Heise und Klima ultimativ auf dessen Abriss.

Anlass für diese Offensive ist der Rücktritt des Rechtsanwalts Hans Ganten als Moderator zwischen den Interessensgruppen. Das Kulturressort hatte ihn dazu aufgefordert, weil Gantens Kanzlei gleichzeitig Klima und Heise direkt vertritt. Im Weser-Kurier wurde Gantens Rücktritt jedoch mit dem Scheitern aller Konzepte zum Erhalt des Sendesaals gleichsetzt, zu Pfingsten präsentierte die Zeitung sowohl einen „geplatzten Plan“ als auch Willi Heise als Investor mit „geplatzem Kragen“. In der Schlagzeile wurde daraus der flotte Indikativ: „Sendesaal wird zum Abriss freigegeben“.

„Das stimmt so nicht“, sagt Michael Ortmanns vom Bauressort. Zwar solle das Bauamt in der Tat im Lauf dieser Woche über den Abrissantrag entscheiden, allerdings „ergebnisoffen“. Hinzu kommt, dass auch Radio Bremen zustimmen müsste, da Klima und Heise nicht grundbuchmäßige Eigentümer des betreffenden Geländes sind. Der Kaufvertrag wurde bereits vor zwei Jahren geschlossen, aber nur in Bezug auf Teilflächen abgewickelt.

Für Radio Bremen ist diese Situation eine Folge offenbar ungünstig geschlossener Verträge. Klima und Heise hatten mit knapp 8,5 Millionen Euro zwar das Höchstgebot für das 30.000 Quadratmeter umfassende Gelände abgegeben, das Radio Bremen wegen seines Umzugs ins Faulenquartier veräußert. Durch eine Rücktritts-Klausel musste bislang aber erst gut die Hälfte überwiesen werden – dadurch ging der Abstand zu den nächst höheren Geboten per Zinsverlust bereits weitgehend verloren. 2006 erwarben Klima und Heise lediglich ein Drittel der Fläche, im November 2007 kauften sie einen zweiten Teil für 700.000 Euro hinzu. Die im Vertrag genannte Fläche von 2.100 Quadratmetern relativiert sich unter „Punkt sieben zu Paragraph fünf“ durch den Zusatz, der Preis gelte „ohne Rücksicht auf das Vermessungsergebnis“. Das ist insofern wichtig, als die Fläche um 70 Prozent größer ist.

Auch andere Vertragsmodalitäten sind für den Sender von Nachteil: So wäre selbst der Abriss des Sendesaals noch keine Garantie für Radio Bremen, die ausstehende Teilsumme von fast 3,5 Millionen Euro von Klima und Heise faktisch zu erhalten: Die Investoren haben auch dann ein Rücktrittsrecht, wenn bis Ende des Jahres kein „planreifer Bebauungsplan“ vorliegt. Schon für die von Heise und Klima avisierte „verdichtete Wohnbebauung“ mit 200 bis 250 Einheiten samt Tiefgaragen gilt dessen rechtzeitige Genehmigung als ungewiss, im Falle einer Supermarkt-Ansiedlung als ausgeschlossen – schon wegen des zu erwartenden Einspruchs des Beirats, der den Abriss ohnehin ablehnt.

Ist ein Großmarkt tatsächlich die Alternative zur Existenz des Sendesaals? Edeka habe sich interessiert gezeigt, sagt Willi Heise auf Nachfrage. Man selbst halte aber am Wohnbau fest. Fragt man Branchenkenner, wird auf zahlreiche Spekulationsgeschäfte der in der schleswig-holsteinischen Steueroase Norderfriedrichskoog ansässigen Investoren verwiesen – etwa den Weiterverkauf der Teneveraner Krause-Bauten innerhalb weniger Tage.

Welche Sendesaal-Optionen sieht derzeit das Kulturressort? „Jetzt ist erst mal Bau am Zug“, sagt dessen Sprecher. Radio Bremen wollte gestern keine Stellungnahme abgeben.