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Archiv-Artikel

„Nicht alles neu justieren“

Karin von Welck (parteilos) ist jetzt Super-Senatorin für Kultur, Medien und Sport. Mehr Geld für den Elbphilharmonie-Intendanten und dessen gern hochkarätiges Programm gibt es aber trotzdem nicht

KARIN VON WELCK, 61, Ethnologin und Germanistin, ist seit 2004 Kultursenatorin in Hamburg. Seitdem sitzt sie auch im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages.

INTERVIEW MARCO CARINI UND PETRA SCHELLEN

taz: Frau von Welck, welche Chancen eröffnet Schwarz-Grün für die Kulturpolitik?

Karin von Welck: Da ich auch in den vergangenen vier Jahren sehr gut mit Herrn Maier von der GAL, der Vorsitzender des Kulturausschusses war, kooperiert habe, wird es keinen Turnaround geben. Ich setze auf eine gute Kontinuität der Themen, die uns wichtig sind. Dazu zählt Kinder- und Jugendkultur ebenso wie die – auch von den Grünen propagierte – Elbphilharmonie.

Gerade bei diesem Vorzeige-Projekt liegt ja vieles im Argen. Räumen Sie zum Beispiel ein, dass es falsch war, deren Intendanten mit so wenig Macht auszustatten, dass er inzwischen als „König ohne Land“ gilt?

Ich sehe nicht, dass Herr Lieben-Seutter wenig Macht hat.

Man hat ihm zum Beispiel das NDR-Sinfonieorchester vor die Nase gesetzt.

Wir sind sehr froh, dass das NDR-Orchester Residenzorchester der Elbphilharmonie ist.

Aber der Elbphilharmonie-Intendant hat keinen Einfluss auf deren Programme. Außerdem kann er lediglich 30 Prozent der Veranstaltungen selbst konzipieren. Und hat überdies einen Etat, der nicht für das hochkarätige Programm reicht, das von ihm erwartet wird.

Das stimmt nicht. Wir haben rund 16 Millionen Euro für den Betrieb angesetzt. Außerdem sucht Herr Lieben-Seutter bereits systematisch nach Förderern. Insofern glaube ich nicht, dass hier alles neu justiert werden muss.

Herr Lieben-Seutter sagt, dass er sich dem skandinavischen „Nordic Concerts“-Verbund andienen musste, um sich genügend hochkarätige Orchester leisten zu können.

Ich finde es großartig, dass er sich mit den Veranstaltern der Nordic Concerts zusammen getan hat. Solche Optionen aufzunehmen ist seine Aufgabe. Und was die 30 Prozent Eigenveranstaltungen betrifft – das trifft auch auf Konzerthäuser in anderen Städten zu.

Aber Herr Lieben-Seutter muss die 2.100 Plätze der Elbphilharmonie auch füllen. Und er sagt, dass Klassik in Hamburg keine so große Bedeutung hat wie in anderen Städten.

Ich glaube nicht, dass Hamburger weniger musikinteressiert sind als Kölner oder Münchner. Auch dort hat immer das Angebot die Nachfrage generiert. Bestes Beispiel ist der enorme Zuwachs an Konzertbesuchern, den die Kölner Philharmonie erzeugt hat. So etwas erhoffen wir uns auch für Hamburg.

Trotzdem scheint man sich um die Auslastung der Elbphilharmonie zu sorgen. Sonst setzte man nicht so offensiv auf jugendliches Publikum.

Das ist ein Trend, den es in allen Konzerthäusern der Welt gibt. Weil man verstanden hat, dass man sich um Kinder und Jugendliche kümmern muss – nicht nur, damit später mehr Menschen ins Konzert gehen, sondern auch, weil Musik wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung ist.

Worauf zielt die im Koalitionsvertrag versprochene Initiative „Musikstadt Hamburg“?

Sie soll alle die Musik betreffenden Initiativen stärken – vom Reeperbahnfestival über das Netzwerk Neue Musik, die Kinder- und Jugendkultur bis zur Förderung der Clubszene. Und was das zunächst abgesagte Rockfestival auf dem Hamburger Rathausmarkt betrifft: Es wird nun doch stattfinden. Darüber freue ich mich.

Am 25. Juni wird das „Internationale Maritime Museum“ von Ex-Springer-Chef Peter Tamm eröffnet. Wann veröffentlichen Sie dessen Rechenschaftsbericht über den Verbleib der von Senat zugeschossenen 30 Millionen Euro?

Dass Herrn Tamms Stiftung Rechenschaft über die Restaurierungskosten des Kaispeichers B ablegen wird, ist vertraglich geregelt.

Wer wird die wissenschaftliche Endabnahme dieses Museums vornehmen, das wegen Herrn Tamms Marine-Affinität umstritten ist?

Herr Tamm und seine Geschäftsführerin lassen sich von einem großen Kreis kluger Leuten beraten, zu dem auch Herr Schäfer, der ehemalige Leiter des Bonner Hauses der Geschichte, gehört. Ich gehe also davon aus, dass die Ausstellung sehr überzeugend sein wird.

Umstritten ist auch das Programm des Schauspielhauses. Wie beurteilen Sie die Qualität seines Spielplans?

Ich freue mich sehr, dass das Schauspielhaus jetzt zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde. Auch der große Erfolg des Jungen Schauspielhauses ist großartig. In Hamburg dauert es immer ein bisschen länger, bis ein neuer Intendant Tritt gefasst hat und das Theater macht, das zur Stadt passt. Ich habe den Eindruck, dass dies dem Intendanten, Herrn Schirmer, gelingt.

Sein Vertrag, der bis 2010 läuft, wird also diesen Sommer fristgemäß verlängert?

Wir sind in Gesprächen mit Herrn Schirmer. Auf deren Ausgang bin ich sehr gespannt.

Sie sind jetzt nicht mehr nur Kultur-, sondern auch Sportsenatorin. Haben Sie um dieses Ressort gekämpft?

Ich war sehr überrascht, dass man mir diese Verantwortung übertragen hat. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto reizvoller finde ich es. Denn gerade in der Kombination von Kultur und Sport kann man eine Menge bewegen – auch und gerade für Kinder und Jugendliche.

Wo zum Beispiel?

So, wie es gelungen ist, Hamburg in den letzten Jahren zu einer Modellregion für Kinder- und Jugendkultur zu machen, müsste dies auch für Kinder- und Jugendsport gelingen.

Was qualifiziert Sie für den Job der Sportsenatorin – abgesehen davon, dass Sie früher erfolgreiche Hochspringerin waren?

Ich glaube, ich kann gut mit Menschen umgehen. Ich bin neugierig auf Veränderungen und gesellschaftliche Entwicklungen. All dies trifft auch auf den Sportbereich zu.

Der Koalitionsvertrag sieht die Überarbeitung des Masterplans zum Volkspark vor. Was wäre da am ehesten verzichtbar?

Um dies klug zu beantworten, brauche ich die berühmten 100 Tage. Prinzipiell glaube ich aber, dass es im Breitensport Bereiche gibt, denen Geld, das für den Masterplan gedacht war, zugute kommen sollte.

Zentrales Thema ist auch die Sanierung von Sportstätten. Wie werden Sie die Lasten zwischen Behörde und Vereinen verteilen?

Ich weiß, dass der Hamburger Sportbund sehr bereit ist, sich an der Sanierung zu beteiligen. Aber die Stadt Hamburg muss natürlich auch das Ihre dazu tun. Dringlich ist zum Beispiel die Sanierung der Lehrschwimmbecken. Da müssen wir eine gute Lösung finden.

Erbringt die Tatsache, dass Sie jetzt auch für das Medienressort zuständig sind, Synergie-Effekte?

Da bin ich sicher. Denn die neue Behörde ist jetzt unter anderem mit verantwortlich für das, was bei Hamburg Marketing und bei Hamburg Tourismus passiert. In diesen Bereichen ist die Kultur bislang zu wenig vorgekommen. Das wird sich ändern.

Brennen Sie persönlich mehr für die Kultur oder für den Sport?

Das werde ich Ihnen jetzt nicht verraten.