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Archiv-Artikel

Anmaßende Haltung

betr.: „Bissige Pastoren“ / „Steh auf, wer ein Homo ist“ / und andere, taz bremen, 2. / 5. 5.

Gegen das Bedürfnis, seine Religion zu leben, ist nichts einzuwenden. Dies trifft auch auf den Bau von Kirchen zu, ebenso wie den von Synagogen oder Moscheen mit hohen Minaretten. Das Vorhaben der Christival-Organisatoren zielt jedoch in eine ganz andere Richtung. Die Veranstalter haben mit Bühnen und Musik die gesamte Innenstadt in Beschlag genommen, um ihre religiöse Botschaft an die Passanten zu bringen, etwa durch gezieltes Ansprechen der Bevölkerung im Supermarkt. Ihren missionarischen Eifer haben sie zudem mit menschliche Würde verletzender Moral versetzt.

Eine solche Haltung ist anmaßend und respektlos anders denkenden und anders lebenden Menschen gegenüber. Dass sie Protest hervorruft, ist verständlich und nur zu begrüßen. Dass die Christival-Organisatoren diesen Protest durch polizeiliche Gewalt unterdrücken ließen zeugt davon, dass sie den kritischen Dialog meiden, weil sie andere Meinung und andere Lebensstile nicht ertragen können. Warum nur haben sie die unterschiedlichen Positionen nicht von vornherein in ihre Foren mit eingebunden? Weil gesellschaftliche Vielfalt den eigenen Glauben immer wieder in Frage stellt und brüchig erscheinen lässt? Weil Vielfalt die eigenen Machtambitionen durchkreuzt? Oder beides? Ich danke der taz-bremen für die umfangreiche und kritische Berichterstattung zu diesem Thema.DR. JÖRG HUTTER, BREMEN