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Archiv-Artikel

Man könnte meinen, man säße im Mirchi

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Das Aures in Schöneberg bietet einen schönen Blick auf die Kirche an der Akazienstraße. Aber …

Es gibt wenig, was in Berliner Lokalen so verpönt ist wie die Bestellung einer Berliner Weiße mit Schuss. Während ganz Deutschland glaubt, wir würden im Sommer im Biergarten nichts anderes trinken, meidet der gemeine Neuberliner das Getränk nach zwei Wochen, der Altberliner schon immer und der Urberliner … den gibt es praktisch nicht. Weil sie nicht konsumiert wird, führen die meisten Lokale, in denen man verkehrt, gar keine Weiße. Braucht man nicht, gibt es nicht, obwohl sie eigentlich nicht schlecht schmeckt.

So ist es eine erste freudige Überraschung, dass man im Aures in Schöneberg nicht negativ auffällt, wenn man ein Bier mit Waldmeistergeschmack bestellt. Das bleibt aber dann auch die einzige Überraschung des Abends, denn das Aures hat sowohl mit seiner Küche als auch mit der Einrichtung des Lokals die Selbstverdammung zu Durchschnittlichkeit gewählt.

Die Theke im großen Schankraum wird von innen beleuchtet, die Polster der vielen Stühle sind weiß, wenn nun noch Buddhas statt Klinker die Wände zieren würden, man könnte fast fürchten, man säße im Mirchi an der Oranienburger Straße in Mitte.

Die Gäste des Aures meiden an einem lauen Abend diese offensichtliche Kopie, oder das schlechte Original. Sie haben sich alle an die Tische vor dem Lokal gesetzt, von wo aus man einen wunderbaren Blick auf die Kirche an der Akazienstraße hat. Dort kann man noch die allerletzten Sonnenstrahlen, die in diesen Kiez scheinen, genießen. Da der Spargel gegen neun Uhr abends ausverkauft ist, was freilich eher für als gegen das Aures spricht, fällt die Wahl auf die Spargelcremesuppe mit Lachs. So steht es auf der Karte. Besser sollte es heißen: Spargelmehlsuppe. Denn nach Sahne oder dergleichen schmeckt sie nun wirklich nicht.

Das Steak zum Hauptgang bietet keinen Grund zu Beanstandung, die gewürzten Kartoffelspalten dazu wurden hingegen wahrscheinlich aus einer ganz tiefen Convenience-Food-Truhe in altes Fett geschmissen. Das Saté mit Erdnuss-Sauce und angetrocknetem Reis macht schon einen besseren Eindruck, richtig empfehlenswert ist es dennoch nicht, wenn man ein anderes Ziel hat, als billig satt zu werden – und auch dafür gibt es in der Akazienstraße andere Lokale.

Nein, zum Essen muss man wirklich nicht ins Aures gehen. Wenn man aber gerne einfach mal in der Sonne sitzen und eine Berliner Weiße trinken möchte, dann schon. Schade, dass sich die Betreiber des Aures nicht die Mühe machen, dem Gast beides zu bieten.

RESTAURANT AURES, Akazienstr. 19, 10823 Berlin-Schöneberg, Tel. (030) 7 89 51 18 18, U Eisenacher Straße, tgl. 9–2 Uhr, Cola 1,60 €, Berliner Weiße 2,50 €, Saté 7,50 €