mayröcker & jandl in der weserburg
: Kanonisierte Poesie

Die Zeit, die Kunst ist über sie hinweggegangen, mehr oder minder, spätestens seit die Konkrete und Experimentelle Poesie Eingang in den Kanon der Schulbücher gefunden haben. Und wäre da nicht jetzt das Festival „Poetry on the Road“, Friederike Mayröcker und Ernst Jandl hätten dieser Tage noch keine Ausstellung im Neuen Museum Weserburg.

Manches aber ist plötzlich von ungeahnter Aktualität, etwa Mayröckers Werk „Mehr Sittlichkeit f. Österreich“, mit einer von ihr gezeichneten Illustration, die einen „Zensur!balken“ überm Genital trägt. Anderes wiederum beschränkt sich auf die unsinnliche Präsentation archivarischer Bücher, Platten oder Plakate hinter Glas, einer virtuellen Bibliothek gleich. Dann und wann erfährt man aber dann doch noch, wie Mayröckers Werke entstanden, wie ein Gedicht sich im Prozess des Schreibens verändert, etwa beim Zyklus „Jericho“ von 1989.

Jandl, 2000 verstorben, und Mayröcker (83) – einst privat und beruflich ein Paar – verstehen, verstanden, Sprache als Material, mit dem es zu spielen gilt. Jandl, in der Ausstellung unterrepräsentiert, wandte sich der Lautpoesie zu, Mayröcker dem Skizzieren, Illustrieren. In der Zusammenschau herausgekommen ist eine Ausstellung vor allem für LiebhaberInnen und kunsthistorisch Interessierte. Jan Zier

Bis 31. August in der Weserburg